relatif No. 01 - AStA
relatif No. 01 - AStA
relatif No. 01 - AStA
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Nr. 1<br />
Ausgabe 1 – dezember 2007<br />
Seite 4<br />
Seite 13<br />
Seite 24<br />
Seite 30<br />
Seite 38<br />
Seite 20<br />
Impressionen von der<br />
ersti-rallye<br />
Im ultimativen Test:<br />
die aachener mensen<br />
Lebenslauf aufwerten<br />
pimp my vita<br />
Ausbildung beim<br />
hochschulradio<br />
Praktikum im Ausland<br />
zu gast IN INDIEN<br />
Gewinne!<br />
Eine Hochschule in Bewegung<br />
Quo Vadis, RWTH?
Ausgabe 1 – dezember 2007<br />
index<br />
S. 43<br />
Campus<br />
S. 34<br />
S. 20<br />
S. 35<br />
S. 28<br />
S. 30<br />
4<br />
6<br />
7<br />
8<br />
11<br />
12<br />
13<br />
16<br />
18<br />
19<br />
20<br />
21<br />
Ersti-Rallye<br />
Meine erste Vorlesung<br />
Quo Vadis, RWTH?<br />
Nachgehakt: beim Rektor<br />
Interview: Jürgen Linden<br />
Gut beraten<br />
Marcos Mensatest<br />
»Hast du mit Steinbrück<br />
telefoniert?«<br />
Lauter pfeifen<br />
Nach der Kirche in die Bib<br />
T-Shirt des Monats<br />
Ingenieure braucht das Land<br />
Karriere<br />
S. 13<br />
S. 24<br />
tout est <strong>relatif</strong> …<br />
Die RWTH ist exzellent, und wir sind es auch.<br />
Zumindest ‚<strong>relatif</strong> exzellent‘ – das neue Campus-<br />
Magazin von Aachener Studenten für Aachener Studenten.<br />
Zwischen dem Einheitsbrei der überregionalen<br />
Hefte wollen wir Euch mit Geschichten aus Eurer<br />
Umgebung unterhalten und informieren.<br />
Nach drei Monaten der intensiven Vorbereitung glauben<br />
wir – Eure Vertreter im <strong>AStA</strong> – auf Augenhöhe<br />
mit der Konkurrenz zu stehen und wollen für Euch<br />
ab jetzt zweimonatlich erscheinen. Selbstverständlich<br />
sind wir immer für Eure Fragen, Ideen und Hinweise<br />
dankbar. Auch wenn Ihr mitarbeiten wollt, freut uns<br />
das sehr. Schreibt einfach eine E-Mail an:<br />
info@<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de.<br />
22<br />
23<br />
24<br />
26<br />
27<br />
28<br />
30<br />
32<br />
33<br />
34<br />
35<br />
36<br />
38<br />
40<br />
42<br />
43<br />
44<br />
46<br />
46<br />
Nicht verzagen, Studis fragen<br />
becoming: Lobbyist<br />
Pimp my Vita<br />
Der Lückenfüller<br />
Ehrgeiz und ein Quäntchen Glück<br />
Von Harry Potter gelernt<br />
Mach es dir doch selbst!<br />
Die Gefühlsvermittlerin<br />
Rätsel<br />
Leben<br />
<strong>relatif</strong> kreativ: Geschenke<br />
Jungs fragen, Mädels antworten<br />
Probieren über Studieren<br />
weit weit weg:<br />
Händchen halten verboten<br />
Kultur-Veranstaltungen<br />
Weihnachten am Schwarzen Meer<br />
Route Charlemagne<br />
Hochschulsport im Test<br />
Freizeit-Tipp<br />
Impressum<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
Eure<br />
<strong>relatif</strong>-Redaktion<br />
<strong>relatif</strong> – 3
Ersti-Rallye<br />
Aachen im Ausnahmezustand<br />
Polonaise, Bauklötze und Negerkuss-Werfen…<br />
Nein, die Rede ist nicht von einem Kinderfest. Denn<br />
die Tanzenden sind nackt, die Bauklötze sind Bierkästen<br />
und die Negerküsse werden in Einkaufswägen<br />
sitzend aufgefangen. Richtig, es geht um die<br />
Ersti-Rallye. Wie jedes Jahr zogen am Dienstag in<br />
der Einführungswoche tausende Erstis in Gruppen<br />
durch Aachen. Die Fachschaften hatten sich wie<br />
immer abwechslungsreiche Aufgaben einfallen lassen<br />
– vom traditionellen Tauschspiel bis hin zu<br />
Flunkyball, dem Trend-Trinkspiel.<br />
Leider häuften sich in diesem Jahr auch die Beschwerden<br />
der Anwohner und Einzelhändler, die<br />
keine Lust hatten, auch noch den 34. Apfel einzutauschen.<br />
Im Anschluss an die Rallye einigten sich<br />
der <strong>AStA</strong>, die Fachschaften und das Rektorat der<br />
RWTH darauf, im kommenden Jahr für einen etwas<br />
ruhigeren Verlauf der Rallye sorgen zu wollen.<br />
Dafür könnte eventuell der Mittwochvormittag<br />
wieder vorlesungsfrei gestellt werden.<br />
Kuli gegen Wunschkonzert<br />
»Mikro, wir brauchen ein Mikro!«<br />
Ein Ruf aus der Menge. Dicht gedrängt sitzt Ersti neben<br />
Ersti neben Ersti. Meine Rallye-Gruppe wartet auf<br />
die letzte Aufgabe: unsinnige Präsentation, selbstsicheres<br />
Auftreten. Eine Gruppe ist noch vor uns dran.<br />
In Gedanken der Tag: Sonnenschein, Bollerwagen,<br />
neue Gesichter. Erstis laufen und schwitzen, Fachschafter<br />
lachen. Bier um Bier um Bier. Schneller und<br />
schneller, mehr und mehr. Bauingenieure klettern,<br />
Maschinenbauer werfen mit Eiern, Chemiker ziehen<br />
sich aus.<br />
Die andere Gruppe präsentiert ihre Tauschware: Hansi,<br />
ein Straßenmusiker. Kuli gegen Wunschkonzert. Ich<br />
sitze auf dem Sofa, kann Hansi nicht sehen. Lautes<br />
Murmeln. Dann legt er los: »And here’s to you, Mrs.<br />
Robinson.«<br />
Ein Schluck für mich, zwanzig Liter in die Einkaufstüten.<br />
Über die Hände, über die Kleidung. Wasser,<br />
Wasser, Schwefelwasser. Nur die Brunnengöttin steht<br />
heute im Trockenen. Plakate mal anders: Kleister,<br />
Kleister, Kleister. Weiß auf Schwarz auf Wand. In der<br />
Unterführung.<br />
»Heaven holds a place for those who pray, hey, hey, hey.«<br />
Alle fremd, alle singen. Ein rotes Gesicht in der Menge.<br />
Mimik. Inbrunst. Hansi! Der letzte Akkord klingt<br />
ab, der Beifall bleibt. Mitreißend. Hansi ist weg, die<br />
Berührungsängste auch. Wir sind eine Fachschaft,<br />
alle Philosophen. Oder so ähnlich. Konzert gegen<br />
Kugelschreiber – das Geschäft ist abgewickelt. Wir<br />
müssen auf die Bühne.<br />
Text: Franziska Barnieske<br />
4 – Campus – <strong>relatif</strong>
»…von hinten an die Schulter…« – Polonaise auf dem Markt<br />
‚Am besten erkundet man eine Stadt von oben‘ – dachten<br />
sich wohl diese Jungs<br />
Alles, was zu einem gelungenen Einkauf gehört: Bier<br />
Langes Teil – diese Kleiderkette<br />
hatte es wirklich in sich<br />
Yeahar… Bullenreiten als neue Herausforderung<br />
für beherzte Erstsemester<br />
Alle Zeichen standen eindeutig<br />
auf Party
umfrage<br />
meine Erste vorlesung war …<br />
Bernd, 19 Jahre<br />
Wirt.-Ing. Maschinenbau<br />
… halb so wild! Der Hörsaal war<br />
extrem überfüllt, doch die Stimmung<br />
blieb überraschend locker.<br />
Wichtigstes Thema der Veranstaltung<br />
waren wohl die Infos zum<br />
Skript. Das Tempo war etwas<br />
enttäuschend, wenn auch nicht mit<br />
einer Schulstunde zu vergleichen.<br />
Felix, 21 Jahre<br />
Wirt-Ing. Maschinenbau<br />
… viel zu voll: 1300 Studenten in<br />
einem 1100-Sitze-Hörsaal. Trotzdem<br />
war die Atmosphäre sehr<br />
entspannt. Der Prof legte uns nahe,<br />
aufgrund der Überfüllung nicht<br />
zu den Vorlesungen zu kommen.<br />
Aber nicht mit mir – das Thema ist<br />
viel zu interessant. Da kann man<br />
schon mal auf der Treppe sitzen.<br />
Tatjana, 20 Jahre<br />
Humanmedizin<br />
… wirklich locker. Ich hatte mit<br />
steifen, geradlinigen Profs gerechnet.<br />
Aber sie waren alle sehr<br />
sympathisch. Dank der Tutoren<br />
und der guten Organisation der<br />
ersten Tage fühle mich hier schon<br />
sehr wohl.<br />
Sebastian, 19 Jahre<br />
Wirt-Ing. Maschinenbau<br />
… so wie ich es mir vorgestellt hatte:<br />
viele Menschen, Lärm und ein<br />
Prof mit Redeschwall. Schwierigen<br />
Inhalt gab’s nicht, dafür alles in<br />
hohem Tempo. Hoffentlich habe<br />
ich bei den neuen Themen keine<br />
zu großen Probleme.<br />
Julia, 20 Jahre<br />
Lehramt – Germanistik, Geschichte<br />
… gut! Der Prof erzählte zwar die<br />
ganze Zeit, wirkte aber nicht so unantastbar,<br />
wie ich befürchtet hatte.<br />
Im Gegenteil, es war teilweise<br />
richtig lustig. Auch die Visualisierung<br />
per Powerpoint finde ich<br />
super. Es ist zwar alles noch etwas<br />
ungewohnt, aber ich freue mich<br />
auf die kommende Zeit.<br />
Vanessa, 20 Jahre<br />
Literaturwissenschaft, Geschichte<br />
… besser, als ich gedacht hätte.<br />
Der Prof konnte mich sofort für<br />
das Thema gewinnen. Ich bin<br />
schlichtweg begeistert – hoffentlich<br />
hält dieses Gefühl noch lange an.<br />
Umfrage und Fotos: Franziska Barnieske<br />
6 – Campus – <strong>relatif</strong>
quo Vadis, RWTH?<br />
Oft werden die deutschen Hochschulen mit dem<br />
Vorwurf konfrontiert, in einem Elfenbeinturm zu<br />
forschen. Doch nach verstaubten Büchern im stillen<br />
Kämmerlein sucht man an der RWTH im Moment<br />
vergebens. Hochschulfreiheit, Studiengebühren, Exzellenzinitiative<br />
und Bauvorhaben noch und nöcher<br />
– die Hochschule ist in Aufbruchstimmung. Und anscheinend<br />
nimmt sie dabei alle mit: die Verwaltung,<br />
die Industrie, die Stadt – und sogar die Studenten.<br />
im zweiten anlauf Exzellent…<br />
»Es wäre eine Katastrophe gewesen für unser nationales<br />
und internationales Ansehen, wenn wir jetzt<br />
nicht erfolgreich gewesen wären.« So antwortet Burkhard<br />
Rauhut, Rektor der RWTH, auf die Frage nach<br />
der Bedeutung der Exzellenzinitiative. Neben acht<br />
weiteren Hochschulen gehört die RWTH seit Oktober<br />
zum auserwählten Kreis deutscher Elite-Universitäten.<br />
Das bedeutet: Neben der Auszeichnung und<br />
dem gewonnenen Prestige fließt vor allem Geld –<br />
57Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren,<br />
die ausschließlich der Forschung zugute kommen.<br />
»Das sind zwar nur 85 Prozent der beantragten Mittel.<br />
Trotzdem werden wir unser Konzept nahezu vollständig<br />
umsetzen können«, sagt Olaf Gockel vom Planungsdezernat<br />
der RWTH. »Wir gehen halt mit etwas<br />
reduzierter Schlagkraft zu Werke«, ergänzt Thomas<br />
Trännapp, der im Planungsdezernat die Abteilung für<br />
Struktur und Forschung leitet.<br />
»RWTH 2020 – Meeting Global Challenges«, so lautet<br />
der Titel des Konzepts, das in den kommenden Jahren<br />
umgesetzt werden soll. Im Mittelpunkt steht der Wandel<br />
der RWTH zu einer integrierten interdisziplinären<br />
technischen Hochschule. Integriert heißt: Alle Bereiche<br />
werden auf die Stärke der Hochschule ausgerichtet<br />
– die Ingenieurwissenschaften. »Es muss immer die<br />
Frage gestellt werden: Was passt am besten zu uns in<br />
Aachen?«, sagt Thomas Trännapp. »Wir müssen unser<br />
Profil schärfen und uns intern besser vernetzen.« So<br />
könne sich etwa eine philosophische Fakultät entwickeln,<br />
die in dieser Form nur in Aachen möglich ist.<br />
Die einzelnen Maßnahmen, die das Projekt vorsieht,<br />
sind schon bis ins kleinste Detail geplant (mehr auf<br />
Seite 10). Trännapp: »Wir haben für alles eine ganz<br />
genaue Kostenaufstellung eingereicht, da haben wir<br />
uns seit dem ersten Versuch stark verbessert.« Mit<br />
dem ersten Konzept »Von der Idee bis zum Produkt«<br />
war die RWTH 2006 gescheitert – beim zweiten Anlauf<br />
hat man deshalb einiges anders gemacht. »Wir haben<br />
diesmal alle Fakultäten an einen Tisch geholt, das Konzept<br />
ist in Workshops und Teamarbeit entstanden«, erzählt<br />
Olaf Gockel. »Und wir haben alle Gruppen an der<br />
RWTH beteiligt, auch die Studierenden.«<br />
Auch Studis profitieren…<br />
Zum Beispiel Anna Nelles: Die 23-Jährige sitzt für die<br />
Studierenden im Senat der RWTH und war an den
Vier Fragen an den Rektor der RWTH,<br />
Burkhard Rauhut<br />
<strong>relatif</strong>: Auch wenn die RWTH in Deutschland zur<br />
Elite zählt – den europäischen und internationalen<br />
Spitzenuniversitäten wird sie auch in Zukunft nicht<br />
Paroli bieten können, oder?<br />
Rauhut: Im Gegenteil: Schon jetzt können wir den<br />
internationalen Spitzenuniversitäten Paroli bieten,<br />
was ja auch durch Zusammenschlüsse wie die IDEA<br />
League (mit TU Delft, ETH Zürich, Imperial College<br />
London und Paristech) demonstriert ist, nur werden<br />
wir jetzt sichtbarer dabei sein.<br />
<strong>relatif</strong>: Welchen Gewinn haben eigentlich die Studenten<br />
von der Auszeichnung für ihre Hochschule?<br />
Rauhut: Für die Studenten sind zwei Aspekte wichtig:<br />
Da die Exzellenzinitiative sich auf die Forschung<br />
bezog, wird ein Gewinn indirekt über die Forschung<br />
für die Lehre erwartet, da bei besserer Forschungsmöglichkeit<br />
die Ergebnisse auch früher und besser<br />
in die Lehre einfließen. Zum anderen wird von der<br />
Wirtschaft sehr genau registriert, wer in der Exzellenzinitiative<br />
erfolgreich war, was sich auf die Attraktivität<br />
für die Studenten auswirkt.<br />
<strong>relatif</strong>: Bedeutet die oft erwähnte Profilschärfung<br />
der Unis für Aachen nicht eine weitere Abschwächung<br />
der Geisteswissenschaften?<br />
Rauhut: Wenn Technik entwickelt wird und naturwissenschaftliche<br />
Forschung in Zukunft relevante<br />
Ergebnisse bringen soll, müssen diese Forschungen<br />
dringend von den Geisteswissenschaften begleitet<br />
werden. Insofern werden die Geisteswissenschaften<br />
nicht geschwächt, sondern ihr Profil ebenfalls gestärkt.<br />
<strong>relatif</strong>: Auf dem Papier ist die RWTH nun exzellent<br />
– im Detail, gerade beim Service, erleben die Studenten<br />
oft das Gegenteil: Wo bleiben etwa die 24-<br />
Stunden-Bibliothek oder die Uni-Card?<br />
Rauhut: Die Exzellenzinitiative hatte im Wesentlichen<br />
die Forschung im Auge. Insofern werden wir<br />
den Service durch andere Mittel verbessern müssen,<br />
insbesondere auch durch die Studienbeiträge. Die<br />
24-Stunden-Bibliothek halte ich persönlich in der<br />
Zeit etwa von 24 bis 6 Uhr morgens als nicht zielführend,<br />
allerdings sind die Zeiten deutlich ausgeweitet<br />
worden und werden weiter ausgeweitet. Bezüglich<br />
der Uni-Card gibt es noch Abstimmungsbedarf, der<br />
in der nächsten Zeit erfolgen wird.<br />
Planungen zur Exzellenzinitiative beteiligt: »Die Hochschule<br />
ist zwar spät auf uns zugekommen, dann konnten<br />
wir unsere Ideen und Vorstellungen aber einbringen.«<br />
Um das Konzept habe es unter den beteiligten<br />
Professoren einige Male Zoff gegeben – am Ende sei<br />
man aber immer auf einen Nenner gekommen.<br />
Eine Sorge vieler Studenten ist, dass sich die Exzellenzinitiative<br />
nur auf die Forschung positiv auswirke,<br />
die Lehre jedoch einmal mehr vernachlässigt werde.<br />
So schwarz sehen ihre gewählten Vertreter das aber<br />
nicht: »Viel Geld aus der Exzellenzinitiative wird in<br />
Strukturen und Personal fließen«, sagt Anna Nelles.<br />
»Wenn die Dozenten dadurch wieder mehr Zeit für die<br />
Lehre haben, profitieren letztlich auch die Studenten.«<br />
Und <strong>AStA</strong>-Vorsitzender Jan Siegel fügt hinzu: »Im Zukunftskonzept<br />
der Hochschule sind auch ein paar<br />
Punkte, von denen die Studenten direkt profitieren,<br />
etwa neue Forschungsdarlehen und Promotionsprojekte.«<br />
Außerdem sei die Wirkung des Elite-Status auf<br />
dem Arbeitsmarkt nicht zu unterschätzen.<br />
Bunte bauten überall…<br />
Auch Thomas Trännapp vom Planungsdezernat wird<br />
oft mit dem Vorwurf konfrontiert, die Lehre komme<br />
bei den Planungen der RWTH zu kurz: »Ich kann ja<br />
nachvollziehen, wenn ein Student sich über den Titel<br />
Elite-Uni wundert, wenn er in einem überfüllten Seminarraum<br />
sitzt und die Toiletten defekt sind.« Doch man<br />
müsse nur die Augen aufmachen, um zu sehen, dass<br />
Zentrum der Exzellenz – das RWTH-Hauptgebäude<br />
8 – Campus – <strong>relatif</strong>
sich momentan einiges an der RWTH bewegt: »Mit<br />
dem Mogam und dem Semi90 haben wir gerade erst<br />
zwei neue Gebäude eingeweiht, das Super C befindet<br />
sich im Bau und auch in der Hochschulbibliothek tut<br />
sich einiges – alles Dinge, um den Service für die Studenten<br />
zu verbessern.« Die vielen Bauprojekte haben<br />
aber nichts mit der Exzellenzinitiative zu tun, sondern<br />
wurden durch Mittel aus Studiengebühren und aus<br />
dem Hochschulpakt möglich. Dennoch besteht weiterhin<br />
Nachholbedarf in vielen Punkten: So beziffert<br />
Rektor Burkhard Rauhut allein den Renovierungsbedarf<br />
der RWTH auf mehrere 100 Millionen Euro. »Gerade<br />
in Zeiten von Studiengebühren muss an dieser<br />
Stelle die Landesregierung ihrer Pflicht nachkommen«,<br />
betont der <strong>AStA</strong>-Vorsitzende Jan Siegel. Bei seinem<br />
letzten Besuch in Aachen sicherte Innovationsminister<br />
Andreas Pinkwart auch zu, das Land wolle sich gerade<br />
bei einer exzellenten Uni wie der RWTH nicht vor der<br />
Finanzierung drücken.<br />
die autos fahren weiter…<br />
Ein gigantisches Stangengewirr versperrt momentan<br />
noch den Blick auf den Rohbau des Super C<br />
direkt neben dem Hauptgebäude der RWTH. Bis Weihnachten<br />
soll die Fassade weitgehend geschlossen sein,<br />
ab Sommer 2008 kann das neue Tagungs- und Servicezentrum<br />
dann genutzt werden. Dass dieses Prestigeobjekt<br />
der Hochschule mittlerweile rund 23 Millionen<br />
Euro anstatt der ursprünglich geplanten 25 Millionen<br />
Mark kostet, regt nicht viele Gemüter auf – ein Großteil<br />
des Geldes kommt ohnehin aus Drittmitteln.<br />
Ein Aufreger ist aber weiterhin die Diskussion um einen<br />
autofreien Campus am Templergraben, den sich<br />
die Hochschule wünscht. Dafür müsste der Verkehr<br />
umgeleitet werden, zwischen Hauptgebäude und<br />
Kármán-Auditorium wäre dann Platz für Geschäfte<br />
und Gastronomie sowie Open Air-Kino und andere<br />
Events. Aachens Oberbürgermeister Jürgen Linden<br />
steht diesem Vorschlag offen gegenüber, sieht aber<br />
noch Klärungsbedarf (siehe Interview). Er glaubt nicht<br />
an eine Lösung bis zur Fertigstellung des Super C im<br />
Sommer. Einen Dämpfer hat die Idee durch das »Nein«<br />
der Ratsfraktionen von CDU und SPD bekommen. Danach<br />
zeigte sich auch Rektor Burkhard Rauhut skeptisch:<br />
»Auf jeden Fall werde ich aber in meiner Amtszeit<br />
weiter massiv dafür kämpfen.«<br />
Campus der superlative…<br />
Große Pläne hegt die RWTH auch in Sachen räumlicher<br />
Expansion. Riesige Areale in Melaten, am Klinikum und<br />
am Westbahnhof sollen erschlossen werden. Das Ziel:<br />
der mit 2,5 Quadratkilometern größte Campus Europas.<br />
Baubeginn in Melaten soll bereits 2009 sein. In<br />
den folgenden Jahren sollen hier Infrastruktur und Gebäude<br />
im Wert von 750 Millionen Euro entstehen. In so<br />
v.l.n.r.: Michael Stückradt (Staatssekretär im NRW-Wissenschaftsministerium), Andreas Pinkwart (Wissenschaftsminister),<br />
Burkhard Rauhut (Rektor der RWTH), Thomas Rachel (parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung<br />
und Forschung), Jürgen Linden (Oberbürgermeister von Aachen)<br />
<strong>relatif</strong> – Campus – 9
genannten Kompetenz-Clustern werden Forschung<br />
und Industrie zusammengebracht, insgesamt könnten<br />
so rund 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen.<br />
Das Konzept für den neuen Campus sieht vor, dass<br />
sich Firmen niederlassen, um Forschung und Entwicklung<br />
zu betreiben und dabei direkt mit der RWTH zu<br />
kooperieren. »Für die Industrie ist das mit Abstand der<br />
günstigste Weg, Kernkompetenzen in neuen Themen,<br />
in neuen Technologien aufzubauen«, sagte der Rektoratsbeauftragte<br />
Günther Schuh dem Deutschlandradio.<br />
Das Ziel der neuen Forschungscluster sei es, enger<br />
an die Firmen heranzurücken. Rektor Burkhard Rauhut:<br />
»Damit bewegen wir uns noch stärker in Richtung<br />
der angewandten Forschung als bisher.«<br />
Der Campus West auf dem Gelände des ehemaligen<br />
Rangier- und Güterbahnhofs ist schon lange ein Thema<br />
an der RWTH. So langsam scheint jedoch Bewegung<br />
in die Verhandlungen zu kommen, schon im kommenden<br />
Jahr könnten genauere Pläne veröffentlicht<br />
werden. Auf dem rund 200.000 Quadratmeter großen<br />
Areal sollen neben weiteren Forschungsclustern auch<br />
i<br />
ein Kongresszentrum mit Unterbringungsmöglichkeiten<br />
und eine gläserne Bibliothek entstehen.<br />
Eine Uni in Bewegung – so lässt sich die Situation<br />
an der RWTH im Moment am besten beschreiben.<br />
Auch bei den Verantwortlichkeiten ändert sich gerade<br />
einiges: Für die Leitlinien und die großen Entscheidungen<br />
an der Hochschule ist durch das Hochschulfreiheitsgesetz<br />
jetzt neben dem Rektorat ein<br />
neues Gremium zuständig – der Hochschulrat (mehr<br />
auf Seite 12). Oberstes Ziel aller Bemühungen bleibt<br />
eine Spitzenuniversität, die sich auf ihre Stärken konzentriert<br />
– oder mit den Worten von Rektor Burkhard<br />
Rauhut: »In 20 Jahren wird die RWTH eine Hochschule<br />
sein, die bei einer Ausweitung der Forschung in den<br />
Ingenieurwissenschaften exzellente Grundlagenforschung<br />
in den Naturwissenschaften dokumentieren<br />
kann, zusammen mit einer Einbindung der Geisteswissenschaften<br />
in all diese Aktivitäten.«<br />
Text: Alexander Plitsch<br />
Das Zukunftskonzept der RWTH<br />
»RWTH 2020 – Meeting Global Challenges!«<br />
Maßnahme 1<br />
Schärfung des wissenschaftlichen Profils<br />
Die erste Maßnahme hat zwei Teile: Erstens sollen<br />
die Naturwissenschaften gestärkt werden, um die<br />
Grundlage für einen nachhaltigen Austausch mit<br />
den Ingenieurwissenschaften zu gewährleisten.<br />
Dazu werden zusätzliche Juniorprofessuren eingerichtet<br />
und ein Fonds für die Einbindung von<br />
Studierenden in Forschungsprojekte geschaffen.<br />
Zweitens soll die interdisziplinäre Forschung gefördert<br />
werden. Zwei zentrale Projekte sind Human<br />
Technology (HumTec) und Interdisciplinary<br />
Management Practice (IMP), Kooperationen der<br />
Philosophischen Fakultät bzw. der Wirtschaftswissenschaftler<br />
mit den Kernforschungsbereichen<br />
der RWTH.<br />
Maßnahme 2<br />
Jülich-Aachen Research Alliance (JARA)<br />
Die RWTH und das Forschungszentrum Jülich haben<br />
einen Kooperationsvertrag geschlossen. Dieser<br />
wird zu einer Verzahnung in vielen Bereichen<br />
wie Personalpolitik, Ressourcen-Nutzung und gemeinsamen<br />
Forschungsprojekten führen.<br />
DIE ZUKUNFT<br />
Maßnahme 3<br />
Mobilising People<br />
Kulturelle Vielfalt und Gleichberechtigung sind<br />
Schlagwörter des neuen Konzepts zur Personalund<br />
Organisationsentwicklung der RWTH. Die<br />
Teilprojekte richten sich an verschiedene Zielgruppen<br />
– von Schülern, die für Technik und<br />
Naturwissenschaften begeistert werden sollen,<br />
bis hin zu Professoren, für die neue Trainingsmodule<br />
geschaffen werden. Für Studenten besonders<br />
interessant: Im neuen UROP-Programm<br />
können bis zu 30 Studenten pro Jahr projektbezogene<br />
Mittel beantragen, um an einem Institut<br />
ein Praktikum zu machen.<br />
Maßnahme 4<br />
Enhancing Corporate Governance<br />
Diese Maßnahme sieht Umstrukturierungen in<br />
den Entscheidungsprozessen und bei der Mittelverteilung<br />
auf Leitungsebene vor. So wird unter<br />
anderem ein neuer Strategierat eingerichtet,<br />
der zwischen Rektorat und Fakultäten für eine<br />
Sicherung der strategischen Ziele der Hochschule<br />
sorgen soll. Außerdem werden mit verschiedenen<br />
Fonds neue Fördermöglichkeiten<br />
geschaffen – ein gezieltes Controlling-System<br />
soll die Nachhaltigkeit des Zukunftskonzeptes<br />
sichern.<br />
10 – Campus – <strong>relatif</strong>
interview<br />
Für die RWTH<br />
durch‘s Feuer<br />
Im Gespräch mit <strong>relatif</strong> spricht Aachens<br />
Oberbürgermeister Jürgen Linden über die<br />
Entwicklung von RWTH und Stadt sowie<br />
sein persönliches Verhältnis zur Hochschule<br />
<strong>relatif</strong>: Herr Dr. Linden, Sie haben kürzlich den von<br />
Kaven-Ring erhalten, eine Auszeichnung für besondere<br />
Verdienste am Wohle der RWTH. Eine große<br />
Ehre für Sie?<br />
Linden: Ja, ich bin sehr stolz darauf. Die Auszeichnung<br />
ist eine Bestätigung dafür, dass die Zusammenarbeit<br />
zwischen der Hochschule und der Stadt sehr<br />
gut ist. Der Ring ermutigt mich, den eingeschlagenen<br />
Weg fortzufahren, die Schicksale von Stadt<br />
und Hochschule enger aneinander zu binden. Andere<br />
wären froh, so eine Hochschule in der Stadt zu<br />
haben.<br />
<strong>relatif</strong>: Wie wichtig ist denn die RWTH für Aachen?<br />
Linden: Die Hochschule ist das große Pfund, mit<br />
dem wir wuchern können. Wir befinden uns mitten<br />
im Strukturwandel und werden dabei sehr stark von<br />
den Innovationen unserer Hochschulen geprägt. Zudem<br />
ist die RWTH ein Marketingfaktor in aller Welt,<br />
durch sie sind und bleiben wir eine internationale<br />
und junge Stadt.<br />
<strong>relatif</strong>: Wie würden Sie ihre persönliche Beziehung<br />
zur RWTH beschreiben?<br />
Linden: Die enge Bindung an die Hochschule wird<br />
jedem Aachener quasi von Geburt an mitgegeben.<br />
In meiner Funktion als Oberbürgermeister habe ich<br />
sehr enge Arbeitsbeziehungen, aber auch persönliche<br />
Beziehungen aufbauen können, die letztlich<br />
beiden Seiten zugute kommen. Gemeinsam lösen<br />
wir viele Probleme im kommunalen Bereich.<br />
<strong>relatif</strong>: Haben Sie mitgefiebert, als die Entscheidung<br />
in der Exzellenzinitiative bekanntgegeben wurde?<br />
Linden: Aber klar. Das war ja nicht nur für die Hochschule,<br />
sondern auch für die Stadt und die gesamte<br />
Region eine wichtige und positive Entscheidung.<br />
Und wir profitieren ja auch alle maßgeblich davon.<br />
<strong>relatif</strong>: Inwiefern?<br />
Linden: Nun, wir haben bereits einige Marketing-<br />
Maßnahmen zwischen Hochschule und Stadt verabredet.<br />
Wir werden damit werben, nicht nur in und um<br />
Aachen herum, sondern auch außerhalb. Ich denke,<br />
die Elite-Uni wird wie der Karlspreis und das Reitturnier<br />
– bei der Alemannia ist es leider nicht immer so<br />
– Glanz auf die Stadt abwerfen.<br />
<strong>relatif</strong>: Wie wird sich die Hochschule in den nächsten<br />
Jahren entwickeln?<br />
Linden: Die Hochschule stößt bei ihren Erweiterungsmöglichkeiten<br />
an Grenzen. Deshalb ist es unabdingbar,<br />
dass wir neue Flächen zur Verfügung<br />
stellen. Ich denke da an den Campus Europa, also das<br />
Areal um den Westbahnhof, und zusätzlich Melaten<br />
West sowie die freien Flächen um das Klinikum.<br />
<strong>relatif</strong>: Vom Campus Europa wird schon lange gesprochen,<br />
doch wenig bewegt sich.<br />
Linden: Ich weiß, dass die Bahn ein schwieriger Verhandlungspartner<br />
ist. Aber der Kaufpreis ist mittlerweile<br />
wohl ausgehandelt, jetzt wäre es im Interesse<br />
aller, wenn möglichst bald ein <strong>No</strong>tarvertrag unterschrieben<br />
würde, ich hoffe bis Ende Februar. Dann<br />
sollte auch das Land NRW vor dem Hintergrund der<br />
Auszeichnung der RWTH jetzt etwas Dampf in die<br />
Sache bringen. Die Stadt ist in der Phase danach<br />
schnell in der Lage, einen Bebauungsplan zu entwickeln.<br />
Letztlich arbeiten wir da zu aller Vorsicht<br />
aber auch schon parallel.<br />
<strong>relatif</strong>: Fürchten Sie auf Dauer nicht eine Spaltung<br />
Aachens in den elitären Westen und den unansehnlichen<br />
Osten?<br />
Linden: Ich glaube, das verträgt sich ganz gut. Die<br />
Hochschule ist kein Fremdkörper, sondern ein Teil<br />
dieser Stadt. Beide profitieren wechselseitig voneinander,<br />
unser Fortschritt hängt von der Hochschule ab<br />
– also müssen wir der Hochschule den Expansionsraum<br />
auch zur Verfügung stellen.<br />
<strong>relatif</strong>: Bekommt die RWTH einen Campus am<br />
Templergraben?<br />
Linden: Ich habe immer gesagt, die Hochschule<br />
muss ihr Gesicht zur Stadt zeigen. Da sind die Möglichkeiten<br />
des Hauptgebäudes beschränkt. Deshalb<br />
ist es richtig, das Umfeld am Templergraben neu zu<br />
gestalten. <strong>No</strong>ch fehlt aber eine konkrete Planung,<br />
damit die Bürger auch eine Vorstellung vom Projekt<br />
entwickeln können. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb<br />
muss sich außerdem um Zeitachse und Finanzierung<br />
kümmern.<br />
<strong>relatif</strong>: Wie schätzen Sie das Verkehrsproblem bei<br />
einer Vollsperrung des Templergrabens ein, die sich<br />
<strong>relatif</strong> – Campus – 11
die Hochschule wünscht?<br />
Linden: Stadt und Hochschule müssen an der Stelle<br />
gemeinsam eine Lösung finden. Ich denke, man sollte<br />
die Sperrung ausprobieren und nach einer Testphase<br />
entscheiden, was dauerhaft machbar ist.<br />
<strong>relatif</strong>: Jeder fünfte Aachener studiert oder arbeitet<br />
an der RWTH. Fällt es da nicht schwer, der Hochschule<br />
Wünsche auszuschlagen?<br />
Linden: Wir haben eine gute Zusammenarbeit, dazu<br />
gehören auch mal unterschiedliche Meinungen.<br />
Letztlich versucht die Stadt, gemeinsam mit der<br />
Hochschule die Ideen zu entwickeln. Die Aachener<br />
würden für ihre Hochschule durchs Feuer gehen.<br />
<strong>relatif</strong>: Sie sind Mitglied im neuen Hochschulrat, der<br />
zukünftig die Leitlinien der RWTH bestimmen wird.<br />
Was erwarten Sie von der neuen Aufgabe?<br />
Linden: Das ist für alle Beteiligten neu. Wir müssen<br />
uns kennenlernen, die Mitglieder von außerhalb<br />
müssen auch erst einmal die RWTH richtig kennenlernen.<br />
Die Hochschule steht im internationalen<br />
Benchmark, und wir wollen hier von allen das Beste<br />
lernen. Das ist ein Prozess des Denkens, des Analysierens<br />
und des Entwickelns.<br />
<strong>relatif</strong>: Wo sehen Sie erste Schwerpunkte in der<br />
Arbeit des neuen Gremiums?<br />
Linden: Die Frage wird lauten: Wie kann man die<br />
neue Exzellenz der Hochschule ausbauen und anwenden,<br />
nicht nur im Marketingbereich? Das muss<br />
zügig angepackt werden, denn Titel und Euphorie<br />
schwinden schnell. Der Rektor und viele Professoren<br />
haben den Anspruch, in der Champions League zu<br />
spielen – dann muss man sich jetzt entsprechend<br />
verstärken.<br />
<strong>relatif</strong>: Denken sie, dass die Studenten bei den vielen<br />
anstehenden Veränderungen ausreichend in<br />
Entscheidungen einbezogen werden?<br />
Linden: Es wird ein hohes Tempo bei den Veränderungen<br />
angeschlagen, wie allgemein in der Gesellschaft.<br />
Leider ist es so – das ist hier in der Stadtverwaltung<br />
nicht anders – dass das Recht auf Beteiligung<br />
manchmal kürzer kommt, als man sich das<br />
eigentlich wünscht. Klar ist aber, dass der Zug in die<br />
Zukunft nicht nur einen Lokführer, sondern auch<br />
Passagiere braucht.<br />
<strong>relatif</strong>: Wie sieht die RWTH in 20 Jahren im Vergleich<br />
zu heute aus?<br />
Linden: Ich bin kein Hellseher. Ich sehe mich kaum<br />
in der Lage, das Jahr 2020 oder auch nur 2<strong>01</strong>5 vorauszusehen.<br />
Die Forschung hat ein enormes Tempo<br />
aufgenommen. Hinzu kommt die Globalisierung, die<br />
Welt ist ein großes Dorf, die Mobilität ist eine völlig<br />
andere als zu meiner Studentenzeit. Unser Bemühen<br />
muss es einfach sein, die Veränderungen früh zu<br />
spüren und immer einen Tick schneller zu sein als<br />
andere.<br />
<strong>relatif</strong>: Herr Dr. Linden, wir danken Ihnen für dieses<br />
Gespräch.<br />
Interview: Alexander Plitsch<br />
hochschulrat<br />
gut beraten<br />
Der neue Hochschulrat der RWTH hat sich ein erstes<br />
Mal getroffen. Enge Anbindung an Wirtschaft<br />
und Gesellschaft.<br />
Man nehme neun Persönlichkeiten aus Wissenschaft,<br />
Forschung und Wirtschaft und dazu einen<br />
Oberbürgermeister, übergebe ihnen ein paar Kompetenzen<br />
des Rektorats, des Senats und der Landesregierung<br />
– und fertig ist der Hochschulrat.<br />
Das neue Gremium funktioniert so ähnlich wie ein<br />
Aufsichtsrat in Unternehmen: Er gibt künftig die<br />
Leitlinien für die Entwicklung der Hochschule vor<br />
und hat weitere wichtige Funktionen, zum Beispiel<br />
die Wahl des Rektors.<br />
Als Vertrauensperson der Studierendenschaft wurde<br />
auch ein ehemaliger <strong>AStA</strong>-Vorsitzender in den<br />
Hochschulrat berufen: Ulrich Schuster, 30 Jahre<br />
alt, mittlerweile Promotionsstudent der Nachrichtentechnik<br />
an der ETH Zürich. »Ich war schon sehr<br />
überrascht, dass man mich angesprochen hat«,<br />
sagte Schuster im Gespräch mit <strong>relatif</strong>. Für seine<br />
Arbeit im neuen Gremium will er auch seine alten<br />
Kontakte zur Studierendenschaft nutzen. »Das ist<br />
sicher ein Vorteil, den andere Mitglieder des Hochschulrates<br />
nicht haben.«<br />
Auf die neue Aufgabe ist Schuster schon gespannt:<br />
»Ich hoffe, dass der Hochschulrat auch wirklich<br />
inhaltlich arbeitet und nicht zu einem Abnick-Gremium<br />
des Rektors verkommt.« Die nötige Macht<br />
hat das Gremium jedenfalls – Kritikern geht vor<br />
allem das alleinige Recht des Hochschulrates zu<br />
weit, den Rektor zu wählen und abzuwählen. »Dadurch<br />
ist der Rektor nicht mehr wie bislang durch<br />
alle Gruppen der Hochschule legitimiert«, sagt<br />
der <strong>AStA</strong>-Vorsitzende Jan Siegel. »Ansonsten ist es<br />
aber ein guter Weg, externen Sachverstand an die<br />
RWTH zu holen, um die Qualität der Hochschule zu<br />
steigern.«<br />
o.v.l.: Dr.-Ing. E.h. Heinrich Weiss, Dr. Hans-Ulrich<br />
Lindenberg, Vorsitzender Dr. Alfred Oberholz, Prof. Dr.-<br />
Ing. Reiner Kopp, Dr. Jürgen Linden, Ulrich Schuster<br />
u.v.l.: Prof. Dr. Peter Gomez, die stellvertretende Vorsitzende<br />
Dr. Lucia Reining, Prof. Dr. Londa Schiebinger,<br />
RWTH-Rektor Prof. Dr. Burkhard Rauhut sowie Irmtraut<br />
Gürkan<br />
12 – Campus – <strong>relatif</strong>
Mmmmh … Marcos Mensa-Test<br />
Mittagszeit – Magenknurren – Hunger! Das langersehnte<br />
Schlusswort des Dozenten scheint in ungreifbarer<br />
Ferne. Die Gedanken sind weit weg von<br />
mathematischen Formeln und philosophischen Theorien.<br />
Doch dann: Vorlesungsende – endlich ist der<br />
Weg frei zur Mensa. Aber da offenbart sich vielen ein<br />
Problem: Welche Mensa soll es sein, was gibt es wo<br />
und vor allem: Wo schmeckt’s am besten?<br />
Um die Qual der Wahl ein wenig zu erleichtern,<br />
nimmt <strong>relatif</strong> die Aachener Mensen einmal genauer<br />
unter die Lupe. Eigentlich stand Marco Wohter früher<br />
selbst an den Kochtöpfen, mittlerweile studiert<br />
er an der RWTH und bezeichnet sich selbst als unerschrockenen<br />
Allesesser. Mit den Augen und dem<br />
Gaumen eines Profis prüft er dabei den Geschmack<br />
des Essens, den Service, das Ambiente und stellt die<br />
Besonderheiten der Mensen heraus. Die erste Runde<br />
von Marcos Mensatest bestreiten die drei Mensen in<br />
der Turmstraße: Mensa I, Mensa II und Cafeteria I.<br />
UNSER EXPERTE<br />
Name:<br />
Marco Wohter<br />
Alter:<br />
27<br />
Beruf:<br />
Student der<br />
Kommunikationswissenschaft<br />
und<br />
ausgebildeter Koch<br />
In unserem großen Mensa-Test schnuppern wir bei<br />
den beliebtesten Mensen Aachens rein.<br />
Gestet werden Geschmack, Service, Ambiente und<br />
Extras. Unser Experte in Sachen »Bonne Cuisine« ist<br />
Marco Wohter.<br />
In Teil 1 unseres Tests steht die Turmstraße mit Mensa<br />
I, Mensa II und Cafeteria im Blickpunkt.<br />
Unsere Bewertung orientiert sich natürlich nicht<br />
am Sterne-Restaurant, sondern zielt auf die Dinge,<br />
die man als Student von einer Großküche erwarten<br />
kann und darf.<br />
mensa i<br />
Dem Strom der drängenden Massen folgend, findet<br />
Marco sich in der Schlange zur Mensa I wieder.<br />
»Die Kommilitonen haben entschieden – fangen wir<br />
mit der Mensa I an!«, sagt der Mensatester. Auf das<br />
gründliche Studium des Menüplans verzichtet er<br />
allerdings nicht. Das Menü ist gewählt, das Tablett<br />
in der Hand und schon beginnt Marco das Treiben<br />
um ihn herum zu beobachten. Die Hektik der hungrigen<br />
Meute wird vom Personal bestens bewältigt<br />
und auch das Essen scheint die meisten Studenten<br />
zufrieden zu stellen. Aber genügt es auch den Ansprüchen<br />
des Profis?<br />
Die Mensa I, das heißt großes Platzangebot und viel<br />
Auswahl: Rote, Gelbe und Grüne Theke, Salatbar und<br />
Gemüsebuffet – »da ist doch für jeden was dabei,<br />
auch für Nicht-Alles-Esser«, sagt Marco.<br />
Zack – da landet auch schon ein Teller Geschnetzeltes<br />
auf dem Tablett. <strong>No</strong>ch schnell das vergessene<br />
Besteck organisieren, ab durch die Kasse und auf zu<br />
den Tischen. Endlich einen Platz gefunden, widmet<br />
sich der Tester zwischen Maschbauer und Biologin<br />
nun voll und ganz dem Essen. Mit professioneller<br />
Methode arbeitet er sich vom Fleisch über die Beilagen<br />
bis hin zum Dessert durch und seine Mimik<br />
verrät einiges. »Schmeckt super«, sagt Marco fast ein<br />
bisschen erstaunt. Nur auf den Griff nach Salz und<br />
Pfeffer will er doch nicht verzichten.<br />
»An Mutters gute Küche kommt es natürlich nicht<br />
heran«, sagt Marco und schaut auf den Teller seiner<br />
Nachbarin. Gegen die fürsorglichen Portionen<br />
zu Hause wirken die drei Maultaschen in Tomatenschmelze<br />
etwas trostlos. »Wenn man ganz nett<br />
<strong>relatif</strong> – Campus – 13
Haargenau wird hingeschaut – dem eifrigen Tester Marco entgeht nichts<br />
fragt, bekommt man manchmal sogar vier«, verrät<br />
Andrea, die Marcos Blick anscheinend bemerkt hat.<br />
»Als Vegetarierin gehe ich sonst ans Gemüse- oder<br />
Salatbuffet. Aber heute sah es da aus wie auf dem<br />
Schlachtfeld.« Man muss also das Glück haben, im<br />
richtigen Moment in der Mensa zu sein – auch, um<br />
noch ein Dessert abzustauben. Den optimalen Zeitpunkt<br />
kann aber selbst der beste Mensatester nicht<br />
voraussagen, das ist Glücksache.<br />
Marcos Fazit: »Die M1 ist Allrounder für immer<br />
hungrige Studenten, wie mich. Mittagessen, Salat,<br />
Gemüse, Kaffee – alles da. Nur länger sitzen bleiben<br />
nach dem Essen würde ich hier nicht. Deshalb gibt’s<br />
2,5 von 4 Sternen!«<br />
mensa ii<br />
Diesmal entzieht sich Marco der Masse und macht<br />
sich in die Mensa II auf. »Hier ist es gleich etwas ruhiger<br />
und persönlicher«, bemerkt unser Tester beim<br />
Betreten. »Die kleinen Tischgruppen sind auch viel<br />
kommunikativer.« Aber nun zum Wesentlichen, wie<br />
sieht es mit dem Essen aus? Denn von Kommunikation<br />
lässt sich bekanntlich schlecht leben. An der Theke<br />
findet man das Gelbe Gericht wieder, das auch<br />
in der M1 angeboten wird – heute: Schlemmerfilet<br />
Bordelaise. Daneben wird das so genannte Tellergericht<br />
angeboten, das wegen seines niedrigen Preises<br />
bei vielen Studenten beliebt ist. Für die Vegetarier<br />
gibt es hier kein eigenes Gericht, neben der Tagessuppe<br />
werden aber ein kleines Salatbuffet und eine<br />
Auswahl an warmem Gemüse angeboten. »Für mich<br />
nur eine kleine Portion«, bittet Marco die Dame hinter<br />
der Theke. »Eine Kinderportion, was?«, schallt es<br />
mit einem breiten Grinsen zurück. Moment! Das lässt<br />
Marco nicht auf sich sitzen und bestellt triumphierend<br />
noch das Tellergericht dazu – Kaiserschmarrn.<br />
»Freundlich, aufgeschlossen und für einen kleinen<br />
Spaß zu haben. So muss es sein«, lobt Marco und<br />
vergibt seine Punkte.<br />
Schnell hat der Tester das Filet weggeschlemmt und<br />
macht sich über den zweiten Teller her. Doch so viel<br />
Schmarrn für kleines Geld zwingt auch Vielesser Marco<br />
schließlich zur Aufgabe. Das ruhige Ambiente der<br />
Mensa II lädt schon eher dazu ein, nach dem Essen<br />
noch ein wenig zu verweilen. Allerdings gibt es hier<br />
keinen Kaffee, was die meisten Studenten wohl doch<br />
zum sofortigen Aufbruch veranlassen dürfte.<br />
Marcos Fazit: »Die Mensa II ist die kleine Schwester<br />
der Mensa I. Nicht so große Auswahl, dafür aber<br />
das günstige Tellergericht und ein ruhiges Ambiente.<br />
Fehlt nur noch der Kaffee zum Abschluss. Dafür<br />
gibt’s 2 von 4 Sternen.«<br />
14 – Campus – <strong>relatif</strong>
Cafeteria I<br />
Schon beim Betreten der Cafeteria vernimmt die<br />
geschulte Nase unseres Profitesters angenehme Gerüche:<br />
gegrilltes Fleisch, frisches Gemüse, ein Hauch<br />
von Kaffee aber – ja, richtig gerochen – in der Cafeteria<br />
darf geraucht werden. Allerdings nur noch bis<br />
Januar 2008. Da Marco ein toleranter Nichtraucher<br />
ist, konzentriert er sich lieber wieder auf die wesentlichen<br />
Dinge des Lebens: das Essen. Bevor er sich in<br />
die Schlange stellt, legt er sein Augenmerk erst einmal<br />
auf das Ambiente der Cafeteria: überschaubare<br />
Größe, angenehmere Farben und herbstliche Dekoration.<br />
Betört vom Essensgeruch hält es Marco nun aber<br />
nicht länger aus und begibt sich mit Tablett bewaffnet<br />
Richtung Theke. »Eine Showküche!«, freut er sich.<br />
»Das ist super, weil man sieht, wie alles zubereitet<br />
wird und wie sauber die Küche ist.« Als er dann auch<br />
noch die saftigen Steaks erblickt, ist es um den Mensatester<br />
geschehen. Die Auswahl der Gerichte lässt<br />
kaum Wünsche offen. Und jeder Fleischfan, Marco<br />
voran, kommt hier voll und ganz auf seine Kosten.<br />
Mit vollgepacktem Teller steht Marco an der Kasse<br />
und freut sich auch hier über ein freundliches Gesicht.<br />
»Guten Appetit der Herr und einen schönen<br />
Tag noch«, wünscht die gut gelaunte Kassiererin<br />
mit einem Lächeln und landet damit bei Marco einen<br />
Volltreffer. Nichts desto trotz, sein Blick bleibt<br />
kritisch.<br />
Bei der Platzwahl entscheidet sich Marco für einen<br />
der erhöhten Plätze, um einen guten Überblick über<br />
das Geschehen zu haben. Hier macht er sich sogleich<br />
auf die Suche nach möglichen Mängeln. Doch selbst<br />
die zu trocken geglaubte Hähnchenbrust entpuppt<br />
sich als zartes und saftiges Stück Fleisch.<br />
Neben den warmen Gerichten bietet die Cafeteria<br />
zudem eine Vielzahl kleiner Snacks, Desserts und Getränke<br />
an. Abgerundet wird das Ganze noch durch<br />
die langersehnte Kombination aus angenehmem<br />
Lautstärkepegel und einem Kaffeeautomaten. »Hier<br />
werde ich in Zukunft den ein oder anderen Snack<br />
und Kaffee zu mir nehmen«, sagt Marco abschließend.<br />
Ein kleiner Wehmutstropfen ist jedoch die<br />
Raucherecke, die manch einen beim Essen stören<br />
könnte.<br />
Marcos Fazit: »Die Cafeteria I ist mein persönlicher<br />
Favorit. Auch wenn man hier schon mal ein wenig<br />
mehr Geld ausgibt – es ist alles da, was das Herz<br />
begehrt. Leckere Mittagsmenüs, eine ordentliche<br />
Salatbar, Nachtisch, Snacks, Frühstück und Kaffee –<br />
was will ein Student mehr? Die Cafeteria I bekommt<br />
3 von 4 Sternen.«<br />
Text und Fotos: Johanna Heiliger und Marco Wohter<br />
Die Ergebnisse im Überblick<br />
Kriterien<br />
MENSA I MENSA II Cafeteria I<br />
Geschmack<br />
Service<br />
Ambiente<br />
Extras<br />
Für die nächste Ausgabe von <strong>relatif</strong> testet Marco für Euch die Mensa Vita, die Mensa Ahornstraße<br />
und das Bistro Templergraben. Nicht verpassen!<br />
<strong>relatif</strong> – Campus – 15
diskussion<br />
»Hast du mit Steinbrück telefoniert?«<br />
Ein Streitgespräch über die Zukunft der Studierendenvertretung in Deutschland<br />
Das Studierendenparlament der<br />
RWTH ist im Sommer aus dem<br />
freien zusammenschluss der<br />
studentInnenschaften (fzs) ausgetreten.<br />
Die Begründung: Der<br />
Dachverband sei ineffektiv, zu<br />
einseitig linkspolitisch und der<br />
Mitgliedschaftsbeitrag lohne<br />
sich nicht für die Aachener Studenten.<br />
<strong>relatif</strong> sprach mit Florian<br />
Hillebrand vom fzs und Daniel<br />
George vom Bundesverband der<br />
Liberalen Hochschulgruppen.<br />
<strong>relatif</strong>: Gibt es auf Bundesebene<br />
derzeit eine starke Stimme, die<br />
für die Studenten in Deutschland<br />
spricht?<br />
Hillebrand: Es gibt den studentischen<br />
Dachverband fzs, der<br />
rund 1,1 Millionen Studenten vertritt<br />
und es für sich in Anspruch<br />
nimmt, die Studenten in Deutschland<br />
zu vertreten. Insofern gibt<br />
es schon eine Vertretung der<br />
Studenten auf Bundesebene, wobei<br />
es schwierig ist, die Meinung<br />
aller Studenten gleichzeitig zu<br />
vertreten.<br />
<strong>relatif</strong>: Gibt es eine starke Stimme<br />
oder nicht?<br />
Hillebrand: Ja, es gibt eine starke<br />
Stimme auf Bundesebene für alle<br />
Studenten – das ist der fzs.<br />
George: Da bin ich aber ganz<br />
anderer Meinung. Es gibt<br />
mehrere solche Stimmen: Das<br />
sind zunächst die politischen<br />
Hochschulverbände – die Jusos,<br />
der RCDS, die LHG, usw. – und<br />
hinzu kommt dann der fzs. Der<br />
übrigens ganz sicher keine Vertretung<br />
aller Studenten ist,<br />
schließlich sind nicht mal die<br />
Hälfte aller Hochschulen<br />
Mitglieder im Verband.<br />
<strong>relatif</strong>: Aber immerhin ist der fzs<br />
der erste Ansprechpartner etwa<br />
für politische Institutionen wie<br />
den Bundestag, oder?<br />
George: Das mag schon sein,<br />
aber warum denn? Die Politiker<br />
sind doch froh, sich nur mit einem<br />
studentischen Verband auseinandersetzen<br />
zu müssen, der dann<br />
auch noch intern zutiefst zerstritten<br />
ist und dessen Meinung<br />
sich sehr einfach beiseite drücken<br />
lässt.<br />
Hillebrand: Falsch! Die Politik<br />
spricht deshalb mit uns, weil wir<br />
die einzige unabhängige Stimme<br />
für Studenten in Deutschland<br />
sind. Ansonsten gibt es natürlich<br />
Strömungsverbände, parteigebundene<br />
Verbände . . .<br />
George: Die Liberalen Hochschulgruppen<br />
sind auch unabhängig.<br />
Hillebrand: Aber sie haben ja<br />
wohl eine ganz klare Affinität zu<br />
einer Partei.<br />
George: Und der fzs nicht?<br />
Ihr seid doch auch von einer<br />
bestimmten politischen Meinung<br />
dominiert, die in der Regel links<br />
von der politischen Mitte ist.<br />
Hillebrand: Das stimmt so nicht.<br />
Es gibt nirgendwo ein Manifest,<br />
in dem steht: Der fzs ist links.<br />
Sondern die Positionen des fzs<br />
werden immer wieder neu von<br />
seinen Mitgliedern bestimmt.<br />
»Mit viel Geld kann<br />
man natürlich viel<br />
durch die Gegend<br />
reisen und Kampagnen<br />
starten« D. George<br />
George: Entschuldigung, aber<br />
wo war denn die Meinungsvielfalt,<br />
als frühere Vorstände des fzs<br />
Pressemitteilungen der Linkspartei<br />
ohne eine Änderung auch<br />
noch mal unter eigenem Namen<br />
veröffentlicht haben?<br />
Hillebrand: Also, wenn so etwas<br />
passiert, dann ist das ein Skandal.<br />
Unsere Aufgabe als Vorstand<br />
ist es, in Pressemitteilungen die<br />
Meinung und Beschlüsse unserer<br />
Mitglieder zu vertreten. Oder wie<br />
aktuell, die Erhöhung des BAföG<br />
um zehn Prozent zu loben, die<br />
der fzs in Berlin erkämpft hat.<br />
<strong>relatif</strong>: Zeigt ein solcher Erfolg<br />
wie beim BAföG nicht, dass ein<br />
studentischer Dachverband gebraucht<br />
wird, Daniel?<br />
George: Nein, denn es ist kein<br />
Erfolg des fzs. Es ist wenn schon<br />
ein gemeinsamer Erfolg aller<br />
Verbände in Deutschland, die seit<br />
langer Zeit die BAföG-Erhöhung<br />
fordern. Es ist absurd, zu behaupten,<br />
der fzs hätte diese Erhöhung<br />
erreicht. Oder Florian, hast du in<br />
den letzten Tagen mit Peer Steinbrück<br />
telefoniert und ihm gesagt,<br />
er müsse das Geld jetzt aber mal<br />
auf den Tisch hauen?<br />
Hillebrand: Nein, ich habe nicht<br />
mit Steinbrück gesprochen, aber<br />
mit vielen anderen Leuten. Und<br />
der fzs hat diese Erhöhung lange<br />
gefordert und hat eine große<br />
Kampagne gemacht, größer als<br />
alle anderen Verbände.<br />
George: Wir anderen Verbände<br />
haben ja auch nicht das Geld<br />
der Studierendenschaften. Mit<br />
viel Geld kann man natürlich viel<br />
durch die Gegend reisen und<br />
Kampagnen starten.<br />
<strong>relatif</strong>: Die RWTH ist eine von<br />
mehreren Unis, die in den letzten<br />
Monaten aus dem fzs ausgetreten<br />
sind. Was sind die Gründe dafür?<br />
George: Mir fallen da einige<br />
Gründe ein. Eine große Studierendenschaft<br />
wie die der RWTH<br />
musste zum Beispiel viel Geld<br />
in den fzs stecken, das dieser<br />
dann an Unis in anderen Bundesländern<br />
geschickt hat, wo die<br />
Studierendenschaften nicht über<br />
eigene Mittel verfügen – eine<br />
ungerechte Umverteilung. Hinzu<br />
kommt, dass der fzs nach der<br />
Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes<br />
ohnehin seine<br />
Bedeutung verlieren wird.<br />
<strong>relatif</strong>: Durch die Abschaffung<br />
des HRG werden fast alle hochschulpolitischen<br />
Kompetenzen<br />
vom Bund auf die Länder verlagert.<br />
Ist das das Ende des fzs?<br />
16 – Campus – <strong>relatif</strong>
Florian Hillebrand, 24,<br />
Vorstandsmitglied im freien<br />
zusammschluss von<br />
studentInnenschaften (fzs)<br />
Daniel George, 28,<br />
Vorsitzender des Bundesverbandes<br />
der Liberalen<br />
Hochschulgruppen<br />
Alexander Plitsch, 23,<br />
<strong>relatif</strong>-Redakteur<br />
Hillebrand: Ich sehe nicht, dass<br />
der fzs dadurch seine Bedeutung<br />
verliert. Es gilt auch nach der<br />
HRG-Abschaffung, die Studierendenvertretungen<br />
bundesweit<br />
zu vernetzen und gemeinsame<br />
Positionen zu entwickeln. Es hat<br />
einen völlig anderen Stellenwert,<br />
ob sich die Studenten in Deutschland<br />
gegen Studiengebühren<br />
aussprechen oder ob sich zufällig<br />
ein paar Hochschulen im Saarland<br />
auf diese Position geeinigt haben.<br />
George: Das sehe ich anders. Da<br />
es kaum noch bundespolitische<br />
Kompetenzen im Hochschulbereich<br />
geben wird, wird der<br />
fzs auf Dauer zu einem Koordinations-<br />
und Diskussionsclub<br />
verkommen. Natürlich muss man<br />
sich weiter bundesweit austauschen<br />
unter den Studierendenschaften,<br />
aber das ginge auch<br />
auf einem Bundes-Asten-Treffen.<br />
Da müssen wir nicht so viel Geld<br />
in einen bürokratischen Apparat<br />
pumpen.<br />
Hillebrand: Na, den bürokratischen<br />
Apparat musst du mir<br />
aber mal zeigen! Meinst du<br />
vielleicht die vier ehrenamtlich<br />
arbeitenden Studenten oder etwa<br />
die zwei halben Stellen in unserer<br />
Geschäftsstelle?<br />
George: Ich meine damit, dass<br />
der fzs sich im Moment fast nur<br />
noch selbst verwaltet und sich<br />
mit seinen eigenen Problemen<br />
beschäftigt. Den Gewinn, den<br />
etwa die Aachener Studenten von<br />
einer Mitgliedschaft in diesem<br />
Verband hätten, musst du mir erst<br />
noch zeigen!<br />
Hillebrand: Aber gerne, der liegt<br />
doch auf der Hand, schließlich<br />
haben die Studenten der RWTH<br />
im Moment eben keine Stimme,<br />
die für sie auf Bundesebene<br />
spricht. Hinzu kommt, dass der fzs<br />
seine Mitglieder mit allen Mitteln<br />
unterstützt, seien es Flyer und<br />
Infobroschüren oder Seminare für<br />
die Studentenvertreter.<br />
<strong>relatif</strong>: Auf einer Perspektivtagung<br />
im Dezember trifft der fzs<br />
einige Richtungsentscheidungen<br />
für die Zukunft des Verbandes.<br />
Wie wird in Euren Augen die Vertretung<br />
der Studenten zukünftig<br />
auf Bundesebene aussehen?<br />
George: Trotz einiger Austritte<br />
und der internen Streitigkeiten<br />
denke ich, dass der fzs bestehen<br />
bleiben wird. Ändern wird sich<br />
aber auch nicht viel. Ein Dachverband<br />
aller Studenten ist und<br />
bleibt unrealistisch, dafür sind<br />
die unterschiedlichen politischen<br />
Strömungen zu verschieden und<br />
zu stark ausgeprägt. Auf Bundesebene<br />
werden die politischen<br />
Verbände weiter arbeiten – ob<br />
mit oder ohne fzs, ist mir eigentlich<br />
egal.<br />
Hillebrand: Der fzs ist und bleibt<br />
der einzige Dachverband den wir<br />
haben, er ist die Basis, auf der wir<br />
arbeiten müssen. Manche<br />
sprechen von einem neuen Dachverband<br />
oder einem Gegenverband,<br />
solchen Tendenzen sehe<br />
ich aber gelassen entgegen. Der<br />
fzs muss sich weiter entwickeln,<br />
wir wollen mehr Mitglieder und<br />
mehr Studenten für uns<br />
gewinnen. Dann sehe ich gute<br />
Chancen, dass wir eine noch<br />
schlagkräftigere Vertretung für<br />
die Studenten werden.<br />
Text: Alexander Plitsch<br />
<strong>relatif</strong> – Campus – 17
Lauter Pfeifen<br />
oder: Zwei Mädels gehen einer Legende nach<br />
?<br />
Was passiert, wenn zwei Frauen<br />
mit Verspätung einen Hörsaal<br />
voller Maschinenbauer betreten?<br />
Der Legende nach bricht die männlich dominierte<br />
Maschinenbauergemeinschaft in großen Jubel und<br />
Begeisterung aus.<br />
Ein Experiment soll die Wahrheit ans Tageslicht bringen:<br />
Welche Reaktionen zeigen die mit dem weiblichen<br />
Geschlecht vollkommen unerwartet konfrontierten<br />
Probanden? Im Auftrag der Wissenschaft haben wir<br />
uns als Lockvögel zur Verfügung gestellt. Nicht ganz<br />
unvoreingenommen gehen wir vor dem Versuch von<br />
diesem Szenario aus: Wir betreten den vollbesetzten<br />
Hörsaal. Die Maschis blähen die Nüstern, ihre Ohren<br />
zucken. Sie wittern das unverhoffte Ereignis, das Unglaubliche,<br />
das Nie-da-gewesene – das, was man nur<br />
aus Erzählungen des großen Maschinenbauer-Bruders<br />
kennt. Eintausend in Karohemdkragen gebettete<br />
Köpfe blicken von ihren Unterlagen auf. Die Nerds<br />
aus der letzen Reihe stellen den Tausch ihrer Dragon-<br />
Ball-Z-Karten ein, rücken ihre hornigen Brillengestelle<br />
zurecht und starren uns mit offenen Mündern an.<br />
Dem Großen mit dem topunmodischen Igelhaarschnitt<br />
fällt die von Mutti geschmierte Zwiebelmettstulle aus der<br />
zitternden Hand. <strong>No</strong>ch bevor wir einen Sitzplatz gefunden<br />
haben, hat sich die Gemeinschaft in einen Freudentaumel<br />
hineingesteigert, den es nicht einmal bei der<br />
letzen LAN-Party gab. Vielleicht eine zugespitzte Vorstellung<br />
der Dinge, doch ist sie wirklich so weit her<br />
geholt? Ist der Uralt-Witz vom sagenumwobenen Aachener<br />
Maschinenbauer, der als Sextourist nach Münster<br />
reist, wirklich an den Haaren herbeigezogen? Unser<br />
Experiment soll Klarheit bringen:<br />
Materialien<br />
500 bis 1000 Maschinenbauer im ersten Semester, ein<br />
Dozent, ein stiller Beobachter, zwei weibliche Lockvögel,<br />
dreißig Minuten Verspätung.<br />
Versuchsaufbau<br />
Montag, 10.30 Uhr, Audimax. Unser Assistent platziert<br />
sich heimlich als stiller Beobachter in einer<br />
18 – Campus – <strong>relatif</strong>
der hinteren Reihen und beobachtet das Geschehen.<br />
Der Hörsaal ist nahezu vollbesetzt mit Maschinenbauern.<br />
Durchführung<br />
Wir betreten den Raum und erzeugen das für das Experiment<br />
essentiell wichtige Geräusch von Stiefelabsätzen<br />
auf holzigem Untergrund. In gemäßigtem Tempo<br />
laufen wir die Stufen hinauf bis in die hinterste Reihe.<br />
Beobachtung<br />
Alle Köpfe drehen sich in unsere Richtung. Etwas<br />
verunsichert schreiten wir weiter voran. Ein erster<br />
vorsichtiger Pfiff von weiter hinten.<br />
Der Dozent unterbricht seinen Vortrag. Während<br />
wir tapfer die Treppe hoch laufen, stellt sich eine Beifallsbekundung<br />
in Form eines Pfeifkonzertes ein, woraufhin<br />
der ganze Saal in Lachen ausbricht. »Das ist ja alles<br />
ganz schön, aber jetzt gucken wir doch bitte wieder nach<br />
vorne«, mahnt der Dozent seine Schäfchen über Lautsprecher<br />
zur Ruhe. Oben angekommen nehmen wir,<br />
noch immer unter Beobachtung zahlreicher Augenpaare,<br />
auf der Treppe Platz und lauschen der allmählich<br />
abnehmenden Geräuschkulisse.<br />
Während die Maschinenbauermeute sich wieder dem<br />
Vortrag des Dozenten widmet, stellen wir erstaunt fest,<br />
dass ein bemerkenswerter Teil der anwesenden Studenten<br />
weiblich ist. <strong>No</strong>ch auffälliger sind aber die modischen<br />
Raffinessen der Maschis: Seit Jahren hält das<br />
sagenumwobene Karohemd (gerne »Holzfäller Art«)<br />
mit in der Brusttasche klemmendem Kugelschreiber<br />
das Zepter der Geschmacklosigkeit im Ärmel.<br />
Fazit<br />
Es stellt sich die Frage, warum die maschinenbauende<br />
Studentenschaft – trotz des wachsenden Frauenanteils<br />
innerhalb der Gemeinschaft – in Verzückung gerät,<br />
als wir den Raum betreten. Unsere Vermutung: Der<br />
Maschinenbauer ist sich seines weltfremden Images<br />
bewusst und fühlt sich verpflichtet, dieses aufrechtzuerhalten,<br />
indem er an Traditionen festhält. Diese Theorie<br />
begründet [begründet, nicht entschuldigt, Anm.<br />
d. Red.] im Prinzip jeden modischen Fauxpax sowie<br />
Verhaltensaufälligkeiten wie zuvor beschrieben.<br />
CHE-ranking<br />
nach der kirche<br />
in die bib<br />
Gute Bibliotheken sind eine wichtige Voraussetzung<br />
für ein erfolgreiches Studium – auch im Zeitalter<br />
von Internet und Google. Im Hochschulranking<br />
des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE)<br />
werden die Studenten deshalb auch nach ihrer Zufriedenheit<br />
mit dem Bibliotheks-Service gefragt.<br />
Von 61 Universitäten landete die RWTH bei dieser<br />
Frage im vergangenen Jahr auf einem schlechten<br />
52. Platz. Die befragten Studenten geisteswissenschaftlicher<br />
Fächer kritisierten insbesondere den<br />
schlechten Zugang zu elektronischen Zeitschriften,<br />
die mangelhafte Benutzerberatung sowie die Verfügbarkeit<br />
von Arbeits- und Lernplätzen. Besonders<br />
schlecht schnitt die RWTH auch bei der Frage<br />
nach den Öffnungs- und Ausleihzeiten ab.<br />
Zusätzlicher Raumbedarf, fehlende finanzielle<br />
Mittel und die Tatsache, dass es so viele kleine<br />
Einzelbibliotheken gibt – das sind die großen Probleme,<br />
sagt Ulrike Eich, Direktorin der RWTH-Hochschulbibliothek:<br />
»Wir wissen um die Mängel, sind<br />
aber dabei, unseren Service an einigen Stellen zu<br />
verbessern.« Schon Anfang 2008 soll die Zentralbibliothek<br />
am Templergraben auf das ehemalige<br />
Gebäude der physikalischen Chemie ausgeweitet<br />
werden. Zudem werden unter anderem die Toiletten,<br />
die Aufzüge und die Heizung saniert.<br />
»Wichtig ist es uns, die Transparenz unseres Bibliothek-Systems<br />
zu verbessern«, sagt Ulrike Eich. Dazu<br />
gehört unter anderem auch eine Verknüpfung mit<br />
dem Campus-System der RWTH. Auch bei den Öffnungszeiten<br />
will man sich verbessern. 24-Stunden-<br />
Bibliotheken wie an anderen Hochschulen wird es<br />
in Aachen zwar vorerst nicht geben – einer Initiative<br />
des <strong>AStA</strong>, die Bibliothek auch sonntags für die<br />
Studenten zu öffnen, steht man aber positiv gegenüber.<br />
Ulrike Eich: »Das kann ich mir gut vorstellen.<br />
Wir prüfen das gerade.«<br />
Text: Alexander Plitsch<br />
Text: Alexandra Wenzig und Lioba Schmid<br />
Fotos: Hans Christian Lüer und Alexander Plitsch<br />
Bücher dürfen bald auch sonntags bestaunt werden<br />
<strong>relatif</strong> – Campus – 19
mit freundlicher Unterstützung von<br />
Motiv: Fabian Jung<br />
Abbildung ähnlich<br />
Gewinne eines von drei T-Shirts! Wie das geht:<br />
Rätsel auf Seite 33 lösen und Antwort bis 20. Januar an<br />
<strong>relatif</strong>@asta.rwth-aachen.de senden. Viel Glück!<br />
Ein kleiner Tipp zum Rätsel:<br />
Katjas 8. Aussage verrät, wer die Wahrheit sagt.<br />
Make a Sign – Textildruck<br />
Seilgraben 33<br />
52062 Aachen<br />
Tel.: 0241 / 91 61 570<br />
www.mas24.de<br />
info@mas24.de
Fachkräftemangel<br />
INGENIEURE BRAUCHT DAS LAND<br />
Mit Zuwanderung, Qualifizierung und Nachwuchsförderung<br />
wollen Bund und Land gegen den Fachkräftemangel in den<br />
Ingenieur- und Naturwissenschaften vorgehen<br />
Andreas Pinkwart (FDP)<br />
Minister für Innovation,<br />
Wissenschaft, Foschung<br />
und Technologie NRW<br />
Annette Schavan (CDU)<br />
Bundesministerin für<br />
Bildung und Forschung<br />
Die Landesregierung stellt in<br />
den kommenden drei Jahren<br />
6,3 Millionen Euro bereit, um die<br />
Förderung des technisch-naturwissenschaftlichen<br />
Nachwuchses<br />
zu verstärken.<br />
»Die Berufsaussichten für Absolventen<br />
technischer Studiengänge<br />
sind hervorragend. Es geht aber<br />
angesichts 10.000 freier<br />
Ingenieursstellen in <strong>No</strong>rdrhein-<br />
Westfalen auch darum, die<br />
Innovationsfähigkeit des Landes<br />
zu sichern«, sagte Innovationsminister<br />
Andreas Pinkwart (FDP).<br />
Mit den neuen Fördergeldern<br />
soll die Landesinitiative Zukunftdurch-Innovation<br />
NRW (ZdI) für<br />
Ingenieurnachwuchs werben.<br />
Unter anderem soll mehr Oberstufenschülern<br />
Technikunterricht<br />
angeboten werden – zudem<br />
sind Aktionstage für Schüler an<br />
den Hochschulen und in Unternehmen<br />
geplant. Immerhin ist<br />
das Interesse an ingenieur- und<br />
naturwissenschaftlichen Studiengängen<br />
in diesem Wintersemester<br />
bereits um 11,2 Prozent<br />
gegenüber dem Vorjahr gestiegen.<br />
Diesem Trend trägt auch der<br />
Hochschulpakt des Bundes und<br />
der Länder Rechnung: Rund die<br />
Hälfte der 26.000 neuzuschaffenden<br />
Studienplätze in <strong>No</strong>rdrhein-<br />
Westfalen entstehen in den<br />
Ingenieur- und Naturwissenschaften.<br />
6,3 Milliarden<br />
für den Nachwuchs<br />
Unter Zugzwang ist auch die<br />
Bundesregierung geraten,<br />
nachdem eine aktuelle Studie des<br />
Instituts der deutschen Wirtschaft<br />
aufzeigt, dass der Fachkräftemangel<br />
Deutschland schon in<br />
diesem Jahr bis zu 20 Milliarden<br />
Euro kostet. Ändere sich nichts,<br />
könnten 2<strong>01</strong>4 schon 95.000 Ingenieure<br />
und 135.000 Naturwissenschaftler<br />
fehlen.<br />
Erste kurzfristige Maßnahmen<br />
hat das Bundeskabinett bereits<br />
beschlossen: Unter anderem<br />
sollen ausländische Absolventen<br />
mit deutschem Abschluss<br />
leichter Zugang zum deutschen<br />
Arbeitsmarkt erhalten, auf eine<br />
Vorrangprüfung zur Bevorzugung<br />
deutscher Bewerber wird zukünftig<br />
verzichtet.<br />
Bundesforschungsministerin<br />
Annette Schavan (CDU) plant<br />
zudem eine »Nationale Qualifizierungsoffensive«.<br />
Mithilfe eines<br />
Maßnahmenpakets soll die Zahl<br />
der Studien- und Schulabbrecher<br />
deutlich gesenkt werden, der<br />
Studierendenanteil eines Jahrgangs<br />
soll von derzeit 36 auf<br />
40 Prozent steigen. Das geplante<br />
Konzept wurde von der Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK) begrüßt,<br />
gleichzeitig wurde jedoch<br />
angemahnt, dass dafür erst noch<br />
ein umfassendes Finanzierungskonzept<br />
vorgelegt werden müsse.<br />
Text: Alexander Plitsch<br />
Bildquellen:<br />
www.innovation.nrw.de; www.bmbf.de<br />
<strong>relatif</strong> – Campus – 21
eratung<br />
Nicht verzagen, Studis fragen<br />
Studenten beraten Unternehmen – das ist das Konzept der<br />
studentischen Unternehmensberatung aixsolution<br />
Career Center<br />
Das Career Center ist eine<br />
neue Servicestelle der RWTH.<br />
Ziel ist es, Unternehmen und<br />
Absolventen rechtzeitig miteinander<br />
in Kontakt zu bringen.<br />
Außerdem sollen die Studierenden<br />
der RWTH<br />
Aachen durch spezielle<br />
Seminar- und Informationsangebote<br />
bei der Berufsfindung<br />
und beim Einstieg in den Arbeitsmarkt<br />
unterstützt werden.<br />
Kompetent: das Vorstands-Team von aixsolution<br />
Egal ob eine Fusion ansteht,<br />
die interne Kommunikation nicht<br />
läuft oder ein Arbeitsprozess<br />
optimiert werden muss:<br />
Wer heute vor einem Problem<br />
steht, holt sich meist externe<br />
Berater oder Experten ins Boot.<br />
Dass man nicht unbedingt Absolvent<br />
mit jahrelanger Berufserfahrung<br />
sein muss, um andere zu<br />
beraten, beweist das Team von<br />
aixsolution.<br />
Leistungsstarke Studenten<br />
unterschiedlicher Fachrichtungen<br />
bieten Unternehmen ihre<br />
Beraterdienste an – ein Erfolgsmodell,<br />
sagt Vorstandsmitglied<br />
Niko Kanonis: »Oft sind Kunden<br />
nicht bereit, den Beratern für<br />
kleinere Arbeiten hohe Tagessätze<br />
zu zahlen. Wir arbeiten professionell<br />
und kreativ – und das zu<br />
einem Zehntel des Preises, den<br />
die großen Beraterfirmen verlangen.<br />
Außerdem unterstützen<br />
viele Unternehmen die Idee,<br />
motivierten Studenten eine<br />
Chance zu geben.«<br />
Zudem biete die Arbeit bei<br />
aixsolution den Mietgliedern eine<br />
tolle Gelegenheit, Praxiserfahrungen<br />
zu sammeln und<br />
Kontakte für die berufliche<br />
Zukunft zu knüpfen. Bei einem<br />
seiner jüngsten Projekte unterstützte<br />
das aixsolution-Team<br />
eine RWTH-Einrichtung: das neu<br />
eingerichtete Career Center<br />
(siehe Kasten).<br />
Die Berater sammelten Informationen<br />
zu Bedürfnissen und<br />
Präferenzen für eine effiziente<br />
Karrierevermittlung. Mit einer<br />
Onlineumfrage unter Studenten<br />
und einem breit angelegtem<br />
Telefoninterview bei Firmenvertretern<br />
gelang es, dem Team<br />
des Career Centers wichtige Informationen<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
Im zweiten Teil des Projektes<br />
war dann Kreativität gefragt:<br />
Die Berater analysierten die Angebote<br />
kommerzieller Karriereportale<br />
und entwickelte daraus<br />
konkrete Empfehlungen für die<br />
Umsetzung des Career Center-<br />
Konzepts. »Für uns war es besonders<br />
spannend, bei einem Projekt<br />
zu helfen, das den Studenten der<br />
RWTH einen guten Einstieg ins<br />
Berufsleben ermöglicht«,<br />
sagt Niko Kanonis.<br />
Text: Alexander Plitsch<br />
Foto: Pawel Strzyzewski<br />
Das Seminarangebot reicht<br />
von Bewerbungstrainings über<br />
Zeit- und Selbstmanagement<br />
bis hin zu Präsentationstrainings<br />
und einem Workshop<br />
zu Stil & Etikette. Besonders<br />
interessant ist die Veranstaltungsreihe<br />
»Arbeiten bei…«,<br />
bei der sich namhafte Unternehmen<br />
präsentieren. Jeden<br />
Donnerstagabend stellt sich<br />
ein anderes Unternehmen mit<br />
Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten<br />
vor.<br />
Zusätzlich bietet das Team des<br />
Career Centers auch Bewerbungsmappenchecks,<br />
Beratungstermine zur Berufswahl<br />
und Informationen zu<br />
Arbeitsmärkten und Arbeitgebern<br />
an. In der Online-<br />
Stellenbörse sind Angebote<br />
zusammengestellt, die sich<br />
speziell an Absolventen der<br />
RWTH richten. Aber auch<br />
Praktikumsstellen für<br />
Studenten sind zu finden.<br />
www.rwth-aachen.de/career<br />
i<br />
Weitere Infos zu<br />
aixsolution im Netz:<br />
www.aixsolution.com<br />
Stammtisch zum Kennenlernen:<br />
erster Montag des<br />
Monats im Chico Mendes<br />
(Pontstr. 72—76), 19 Uhr<br />
22 – Karriere – <strong>relatif</strong>
jk becoming<br />
lm Lobbyist<br />
Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber ist einer.<br />
Al Gore auch. Doch was genau machen Lobbyisten<br />
eigentlich? Und wie wird man einer?<br />
Im Fernsehen, im Kino und in der Zeitung – überall<br />
sieht man Patienten, die erzählen, wie die forschenden<br />
Pharmaunternehmen ihnen helfen konnten.<br />
Es gibt nicht das eine forschende Pharmaunternehmen,<br />
also muss mehr dahinter stecken: Ein<br />
Industriezweig tut sich zusammen und erarbeitet<br />
gemeinsam öffentlichkeitswirksame Konzepte.<br />
Christian Kammel, Absolvent der RWTH Aachen,<br />
sagt: »Lobby- und Verbandsarbeit ist gerade in Märkten<br />
mit kleinen Anbietern notwendig, um das gemeinsame<br />
Gewicht in die Waagschale zu legen. So<br />
werden Entwicklungskosten durch Synergieeffekte<br />
gesenkt und die Politik hat einen gemeinsamen<br />
Ansprechpartner.« Der promovierte Bauingenieur<br />
arbeitet für die Gütegemeinschaft Stahlschutzplanken<br />
in Siegen. Seinen Weg dorthin fand er während<br />
seiner Tätigkeit als Assistent am Institut für Stahlbau.<br />
Kammel sieht vor allem die freie Standortwahl und<br />
die Vielfalt seiner Tätigkeit als große Vorteile. So ist<br />
er sowohl Berater für die Produzenten, als auch für<br />
die Auftraggeber – also die Politik – gleichzeitig aber<br />
auch noch verantwortlich für Materialtests.<br />
Darüber hinaus ist es in der Branche unerlässlich,<br />
Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, auch um die<br />
Perspektiven für das weitere Berufsleben zu erweitern.<br />
»Wer als Lobbyist arbeiten will, muss Netzwerker<br />
sein«, sagt auch Stefan Krämer. Der 26-Jährige<br />
hat in Köln Politik und VWL studiert und war unter<br />
anderem schon für Volkswagen in Brüssel tätig.<br />
Ursprünglich wollte Krämer Journalist werden - ein<br />
Praktikum in der PR-Branche hat ihn bewogen, die<br />
Seite zu wechseln. »Von meinen journalistischen Erfahrungen<br />
profitiere ich aber heute noch – vor allem<br />
von meinem Kommunikationstalent und der Fähigkeit,<br />
offen auf Menschen zugehen zu können.«<br />
Das Klischee kennt jeder: Ein Mann in seinen besten Jahren<br />
und im dunklen Anzug trifft sich mit Ministern und Abgeordneten<br />
und bietet ihnen Aktenkoffer voll Urlaubsgutscheinen<br />
an.<br />
Die üblichen Klischees von den bösen Lobbyisten,<br />
die im Hintergrund die Fäden ziehen, will Stefan<br />
Krämer nicht bestätigen. Ein Vorurteil treffe aber<br />
zu, sagt er schmunzelnd: »Fast jeden Abend treffe<br />
ich mich mit Geschäftspartnern oder Kollegen zum<br />
Essen oder auf einen Drink. Da wird dann die ganz<br />
große Politik gemacht.«<br />
Text: Hans Christian Lüer<br />
<strong>relatif</strong> – Karriere – 23
Lebenslauf-Aufmotzen leicht gemacht:<br />
Wir zeigen, wie mit wenigen Schritten<br />
die bisher rostige Vita auf Hochglanz<br />
poliert werden kann<br />
Erfolg im Beruf, das ist das Ziel<br />
der meisten Studenten. Wichtig<br />
ist dafür ein gelungener Einstieg<br />
nach dem Studium. Aber die<br />
Anforderungen der Unternehmen<br />
wachsen immer weiter<br />
– die meisten erwarten den perfekten<br />
Allrounder: Gute <strong>No</strong>ten,<br />
Praktika, Auslandserfahrungen<br />
und soziales Engagement. Was<br />
ist besonders wichtig, wie pimpt<br />
man den eigenen Lebenslauf am<br />
besten? »Das Schlüsselwort ist<br />
Frühzeitigkeit«, sagt Anja Robert,<br />
Leiterin des Career Centers der<br />
RWTH. In der neuen Service-Einrichtung<br />
der Hochschule können<br />
sich Studenten schon früh zu<br />
Karriere-Fragen beraten lassen,<br />
Seminare und Vorträge besuchen<br />
sowie Kontakte zu potenziellen<br />
Arbeitgebern knüpfen.<br />
(mehr auf Seite 22).<br />
Englisch ist ein Imperativ<br />
In jedem Fall empfehlenswert ist<br />
der viel gepriesene Auslandsaufenthalt,<br />
der »in die eigene Biographie<br />
passen sollte«, sagt Anja<br />
Robert. Im Klartext: Ein halbes<br />
Jahr Surfurlaub am Malibu Beach<br />
ist weniger wert als ein zum<br />
Studienfach passendes Auslandssemester<br />
oder -praktikum. Auch<br />
Markus Lorenz, Strategieberater<br />
bei der Boston Consulting Group,<br />
rät zum Auslandsaufenthalt:<br />
»Die Zeit fernab von Familie<br />
und Freunden attestiert dem<br />
Bewerber eine gewisse Selbstständigkeit,<br />
denn er muss die<br />
Herausforderungen des Alltags<br />
eigenverantwortlich meistern.«<br />
Auch ein Schüleraustausch werde<br />
schon als relevant gewertet. Für<br />
die Planung eines Auslandsaufenthaltes<br />
gibt es an der RWTH<br />
zahlreiche Anlaufstellen, zum<br />
Beispiel das International Office,<br />
Studentenorganisationen wie<br />
AIESEC oder Austauschkoordinatoren<br />
in den jeweiligen Fachbereichen.<br />
Um einen Überblick zu<br />
erhalten oder Fragen zu stellen,<br />
steht allen Studenten außerdem<br />
ein Berater des <strong>AStA</strong> zur Verfügung<br />
(mehr auf Seite 26).<br />
Grundvoraussetzung, etwa für<br />
den Einstieg bei internationalen<br />
Unternehmen, sind Fremdsprachenkenntnisse.<br />
»Perfektes<br />
Englisch ist ein Imperativ in der<br />
Berufswelt«, sagt Markus Lorenz.<br />
Andere Fremdsprachen spielten<br />
dagegen eine untergeordnete<br />
Rolle. Das bestätigt auch Andrea<br />
Diepen, Resourcing Specialist bei<br />
Den Lebenslauf aufpolieren – knifflig<br />
wie eine Partie Schach?<br />
Vodafone D2: »Selbstverständlich<br />
sind exotische Sprachkenntnisse<br />
kein Nachteil. Alltagsprache in der<br />
Berufswelt ist jedoch Englisch.«<br />
Prakitka als Türöffner<br />
Ein Auslandspraktikum oder<br />
-studium hat Henning Richter<br />
zwar nicht vorzuweisen – dafür<br />
wusste der 24-jährige Wirtschaftsinformatiker<br />
schon in der<br />
Anfangsphase seines dualen<br />
Studiums, was er wollte. Deshalb<br />
konnte er ganz gezielt Praktika<br />
machen: »Insgesamt sechs Stück<br />
zu jeweils drei Monaten. Von<br />
den Erfahrungen, die ich während<br />
der Praktika gesammelt<br />
habe, profitiere ich heute noch<br />
im Berufsalltag.« Mittlerweile ist<br />
Henning Projektleiter im Bereich<br />
»Dokumenten Management Systeme«<br />
in einem mittelständischen<br />
Unternehmen.<br />
Für Andrea Diepen von Vodafone<br />
D2 zählt bei der Auswahl der<br />
Praktika nicht allein der große<br />
Name der Firma: »Relevant ist<br />
die Dauer eines Praktikums.<br />
Man kann mehr lernen, wenn<br />
man mindestens zwei bis sechs<br />
Monate bei einem Unternehmen<br />
bleibt.« Mit einem längeren<br />
Praktikum kann man oft schon<br />
den Fuß in die Tür eines Unternehmens<br />
setzen. Uwe Holländer<br />
von der Business Services GmbH<br />
der Firma Bayer: »Aus der Praktikantenstelle<br />
entwickelt sich oft<br />
die Möglichkeit, die Diplomarbeit<br />
bei Bayer zu schreiben. Und<br />
daraus resultiert nicht selten eine<br />
Festanstellung.«<br />
Eine Alternative zum Praktikum<br />
kann ein Nebenjob als Werk-<br />
24 – Karriere – <strong>relatif</strong>
%Sp02<br />
130<br />
BPM<br />
80<br />
praktikum<br />
ausland<br />
ehrenamt<br />
fremdsprachen<br />
zielsetzung<br />
100%<br />
100%<br />
100%<br />
100%<br />
100%<br />
10.5 m/s<br />
MAXIMUM SPEED<br />
Von der Lebenslauf-Krücke zum beherzten Super-Sprinter – mit diesen Werten wird man uneinholbar<br />
student sein. Thomas Kowalczyk,<br />
der seinen Abschluss in den<br />
Fächern Kommunikations- und<br />
Medienwissenschaften an der<br />
Universität Duisburg-Essen<br />
gemacht hat, jobbte während des<br />
Studiums eineinhalb Jahre lang<br />
beim Klingeltonanbieter ZED.<br />
Heute ist der 27-Jährige Produktmanager<br />
bei Vodafone D2. Die<br />
früh gesammelte Berufserfahrung<br />
und sein robustes Netzwerk in<br />
einer Nischen-Branche seien ausschlaggebend<br />
für seine Karriere<br />
gewesen, sagt Thomas heute.<br />
Sein Rat: »Frühzeitig Kontakte<br />
pflegen und sich viel relevante<br />
Praxis aneignen, die in das eigene<br />
Gesamtkonzept passt.«<br />
<strong>No</strong>ch wenig Zuspruch<br />
für den Bachelor<br />
Die Bedeutung des Studienfaches<br />
bewerten die Unternehmen<br />
vollkommen unterschiedlich. »Es<br />
ist uns egal«, sagt etwa Markus<br />
Lorenz von der Boston Consulting<br />
Group. »Wir sind da aber sicher<br />
ein Extrem. Wir haben sogar<br />
eine Meeresbiologin in unseren<br />
Reihen. Die Vielfalt der Mitarbeiter<br />
ist uns wichtig, denn die<br />
besten Ergebnisse erzielen wir<br />
mit undefinierten Methoden.«<br />
Anders sieht es zum Beispiel bei<br />
der Firma Danone aus, sagt Personaldirektorin<br />
Judith Jungmann:<br />
»Ein falscher Studienschwerpunkt<br />
ist theoretisch keine unüberwindbare<br />
Hürde. Der Bewerber<br />
muss sich aber darüber im Klaren<br />
sein, dass die fachlich spezieller<br />
ausgebildete Konkurrenz die besseren<br />
Karten hat. Die Erfahrung<br />
zeigt, dass Fachfremde in unseren<br />
Assessment-Centern schlechter<br />
abschneiden.«<br />
Der Bachelor-Abschluss findet<br />
derzeit noch wenig Zuspruch<br />
bei vielen Unternehmen, denn<br />
die Personalchefs befinden ein<br />
dreijähriges Studium oft als zu<br />
kurz. Anja Robert vom Career<br />
Center: »Die Unternehmen sind<br />
auf den Bachelor noch nicht<br />
eingestellt. Deshalb empfehle ich,<br />
den Master zu machen, denn mit<br />
dem Bachelor allein stößt man oft<br />
an berufliche Grenzen.«<br />
Trotz aller Vorurteile hat der<br />
Bachelor einen entscheidenden<br />
Vorteil: In der Regel ist innerhalb<br />
von drei Jahren ein berufsqualifizierender<br />
Abschluss erreicht.<br />
Stellt man im Laufe des Studiums<br />
fest, dass das Fach die falsche<br />
Wahl war, kann die Ausbildung<br />
mit dem nonkonsekutiven Masterstudiengang<br />
in eine andere<br />
Richtung gelenkt werden, ohne<br />
den Absolventen als Studienabbrecher<br />
zu brandmarken. So<br />
hat etwa ein Psychologiestudent<br />
nach seinem Bachelor-Abschluss<br />
die Möglichkeit, den Master in<br />
Kriminologie zu absolvieren.<br />
»Die neuen Masterstudiengänge<br />
schießen wie Pilze aus dem<br />
Boden. Oft können die Unternehmen<br />
sie nicht einordnen. Grundsätzlich<br />
gilt deshalb, sorgfältig<br />
auszuwählen und ein fachlich<br />
möglichst spezifisches Studium<br />
auszusuchen«, rät Anja Robert.<br />
Als HiWi Einblicke in die<br />
Forschung bekommen<br />
Ist der lange Weg zum Master<br />
zurückgelegt, bleibt die Möglichkeit<br />
der Promotion. »Diese Option<br />
bietet sich bei Naturwissenschaftlern<br />
an, gerade wenn sie in den<br />
Bereich Entwicklung gehen«,<br />
sagt Uwe Holländer von Bayer.<br />
»Die meisten Stellen bei uns sind<br />
jedoch Diplomstellen.« Auch<br />
Markus Lorenz von der Boston<br />
Consulting Group misst dem<br />
Doktortitel keinen hohen Stellenwert<br />
zu – für eine Karriere<br />
in seinem Unternehmen sei er<br />
jedenfalls keine Voraussetzung.<br />
Markus Weiß tritt 2008 eine<br />
Assistentenstelle am Werkzeugund<br />
Maschinenlabor der RWTH<br />
(WZL) an und plant, dort auch<br />
zu promovieren. Durch seinen<br />
HiWi-Job am WZL hat er schon<br />
während seines Maschinenbaustudiums<br />
Kontakte im Institut<br />
<strong>relatif</strong> – Karriere – 25
<strong>AStA</strong>-Beratung<br />
Der lückenfüller<br />
Tobias Zimmermann berät zum Thema „Studieren im Ausland“<br />
knüpfen können: »Dazu ist ein<br />
Job als Hilfskraft optimal. Außerdem<br />
bekommt man dadurch die<br />
Chance, erste Erfahrungen in der<br />
Forschung schon während des<br />
Studiums zu sammeln.«<br />
Wichtig ist der rote Faden<br />
Um sich von der Masse abzuheben,<br />
können auch außeruniversitäre<br />
Tätigkeiten ein wichtiger<br />
Punkt im Lebenslauf sein. Soziales<br />
Engagement, ehrenamtliche<br />
Tätigkeiten, aber auch Mannschaftssport<br />
und andere Vereinsmitgliedschaften<br />
werden meist<br />
positiv bewertet und lassen<br />
Rückschlüsse auf die Persönlichkeit<br />
des Bewerbers zu.<br />
Insgesamt sind die Anforderungen<br />
an die Absolventen<br />
angesichts der großen Konkurrenz<br />
unter Akademikern auf dem<br />
Arbeitsmarkt gestiegen. Dennoch<br />
sollte man sich nicht verunsichern<br />
lassen, rät Anja Robert vom Career<br />
Center: »Oft sind die Anforderungsprofile<br />
der Unternehmen<br />
reine Wunschkonzerte. Wichtig ist<br />
es, frühzeitig einen roten Faden<br />
in den Lebenslauf zu bringen.«<br />
Für die Auswahl aus der Lebenslauf-Pimping-Palette<br />
hält Markus<br />
Lorenz von der Boston Consulting<br />
Group noch einen Ratschlag bereit:<br />
»Man sollte dabei immer den<br />
eigenen Neigungen und seinem<br />
Herzen folgen und sich nicht<br />
krampfhaft den Anforderungsprofilen<br />
der Firmen anpassen.«<br />
Text: Alexandra Wenzig<br />
Foto (Schach): Andreas Christ<br />
Bildquelle (Sprinter):<br />
mattdustin.wordpress.com/category/<br />
running/<br />
In Sachen Auslandsstudium Ansprechpartner Nr. 1 – Tobias Zimmermann<br />
Wer einen Auslandsaufenthalt<br />
plant, steht vor vielen Fragen:<br />
Wo soll es hingehen? Studium<br />
oder Praktikum? Und wer<br />
bezahlt das eigentlich alles?<br />
Es gibt zahlreiche Programme,<br />
Institutionen und Firmen,<br />
die ganz unterschiedliche<br />
Auslandsprojekte oder ein<br />
Studium in der Fremde ermöglichen.<br />
Damit die Auswahl<br />
etwas leichter fällt, bietet der<br />
<strong>AStA</strong> der RWTH eine Beratung<br />
zum Thema »Studieren im Ausland«<br />
an. Tobias Zimmermann<br />
hält alle Infos und Ansprechpartner<br />
bereit und unterstützt<br />
die Studenten mit wertvollen<br />
Tipps bei ihren Planungen.<br />
»Der Auslandsaufenthalt ist<br />
eine Lücke, die heute eigentlich<br />
kein Lebenslauf mehr<br />
aufweisen sollte«, sagt Tobias.<br />
»Und an der RWTH gibt es<br />
zahlreiche Möglichkeiten für<br />
die Studenten.« Das wohl bekannteste<br />
Programm stammt<br />
von der Europäischen Union,<br />
heißt Erasmus und bietet die<br />
Möglichkeit, für ein oder zwei<br />
Semester an einer anderen<br />
Hoch schule in Europa zu studieren.<br />
Ein weiteres Programm an der<br />
RWTH ist zum Beispiel T.I.M.E.,<br />
ein gemeinsames Projekt der<br />
ingenieurwissenschaftlichen Fakultäten<br />
der Ecole Centrale Paris<br />
und der Aachener Hochschule.<br />
Besonders beliebt ist auch das<br />
Deutsch-Chinesische Hochschulprojekt<br />
RWTH-Tsinghua. Ziel ist<br />
die Durchführung gemeinsamer<br />
englischsprachiger Master-Studiengänge,<br />
die zu einem Doppel-<br />
Master für die teilnehmenden<br />
Studenten beider Hochschulen<br />
führen.<br />
Natürlich gibt es viele andere<br />
Möglichkeiten – Stipendien,<br />
Praktika und andere spannende<br />
Wege, einige Zeit während des<br />
Studiums im Ausland zu verbringen.<br />
Ein Besuch in der Sprechstunde<br />
von Tobias Zimmermann<br />
lohnt sich also auf jeden Fall. Die<br />
Sprechzeiten sind mittwochs von<br />
11 bis 16 Uhr und donnerstags<br />
von 11 bis 14 Uhr im Sozialreferat<br />
des <strong>AStA</strong>.<br />
Text: Alexander Plitsch<br />
26 – Karriere – <strong>relatif</strong>
Interview<br />
Ehrgeiz und ein quäntchen glück<br />
Tipps vom Fachmann: Klaus Balzer ist Personalberater in Aachen<br />
<strong>relatif</strong>: Herr Balzer, abgesehen von der fachlichen Qualifikation<br />
– was muss der Absolvent für den Berufseinstieg<br />
außerdem mitbringen?<br />
Balzer: Wer in der heutigen Zeit Karriere machen will,<br />
braucht so genannte Soft Skills. Dieser Begriff beinhaltet<br />
Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Fairness und<br />
Einfühlungsvermögen. Weitere Soft Skills können zum<br />
Beispiel die intra- und interkulturelle Kompetenz, die<br />
Kommunikations- und Rhetorikkompetenz und die<br />
Führungskompetenz sein.<br />
<strong>relatif</strong>: Wie wichtig sind Soft Skills?<br />
Balzer: Soft Skills ergänzen sich mit der erlangten<br />
Fachkompetenz zu gleichen Teilen. Laut internationalen<br />
Studien basiert der Erfolg im Beruf zu jeweils<br />
50 Prozent auf Fachkompetenz und zu 50 Prozent auf<br />
den „weichen Faktoren“. Karriere werden im seltensten<br />
Falle diejenigen machen, die sich ausschließlich auf ihr<br />
Fachwissen stützen.<br />
<strong>relatif</strong>: Welche Möglichkeiten kann ein Student nutzen,<br />
um Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern aufzunehmen?<br />
Balzer: Neben dem Praktikum bieten so genannte Recruiting-Events<br />
die ideale Gelegenheit, erste Kontakte<br />
zu knüpfen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, sich in<br />
einem Netzwerk zu engagieren, um somit in Zukunft<br />
über diesen Weg schnell an Informationen zu gelangen<br />
und Kontakt zu knüpfen. Beste Möglichkeiten bietet<br />
hier zum Beispiel das Online-Netzwerk »XING«.<br />
<strong>relatif</strong>: Basierend auf Ihren Erfahrungen: Wie schätzen<br />
Sie die Chancen von Geisteswissenschaftlern auf dem<br />
Arbeitsmarkt ein?<br />
Balzer: Geisteswissenschaftler haben weiterhin einen<br />
schweren Stand auf dem Arbeitsmarkt. Germanisten,<br />
Anglisten und Amerikanisten sind beispielsweise über<br />
viermal so lange auf der Suche nach einer Arbeitsstelle<br />
wie Wirtschaftsingenieure, Betriebswirte oder Mathematiker.<br />
<strong>relatif</strong>: Woran liegt das?<br />
Balzer: Unter anderem daran, dass sie ihre berufliche<br />
Zielrichtung oft erst gegen Ende des Studiums finden,<br />
was die zielgerichtete Stellenrecherche erschwert. Zudem<br />
bewegen sich Geisteswissenschaftler hauptsächlich<br />
im öffentlichen Bereich, einem Umfeld, das in der<br />
Vergangenheit vornehmlich durch Stellenstreichungen<br />
von sich Reden gemacht hat.<br />
<strong>relatif</strong>: Heißt das, Sie würden von einem geisteswissenschaftlichen<br />
Studium eher abraten?<br />
UNSER<br />
experte<br />
Name:<br />
Klaus Balzer<br />
Alter:<br />
34<br />
Beruf:<br />
Selbstständiger<br />
Personalberater<br />
in Aachen<br />
Balzer: Keineswegs. Dem Nachfragerückgang in den<br />
originären Berufsbildern steht ein möglicher Berufseinstieg<br />
in Querschnittsfunktionen gegenüber, wie z.B. in<br />
der Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen oder auch<br />
in der Personalwirtschaft. Aufgrund der erworbenen<br />
Schlüsselqualifikationen wie Kommunikationsgeschick,<br />
Eigeninitiative und analytische Fähigkeiten sind<br />
Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft mittlerweile<br />
gern gesehene Kandidaten.<br />
<strong>relatif</strong>: Inwiefern können Ihre Dienste als Personalberater<br />
Hochschulabsolventen auf den beruflichen Weg<br />
helfen?<br />
Balzer: Auf Grund meiner fast zehnjährigen Berufserfahrung<br />
in der Personaldienstleistung / Personalberatung<br />
verfüge ich über ein umfassendes Netzwerk zu<br />
führenden Unternehmen in Deutschland. Hochschulabsolventen<br />
helfe ich, sich ganz gezielt auf Unternehmen<br />
zu fokussieren, die zu ihnen passen. Darüber<br />
hinaus gestalten wir gemeinsam die Bewerbungsunterlagen<br />
und trainieren für Bewerbungsverfahren.<br />
<strong>relatif</strong>: Was war Ihrer Meinung nach ausschlaggebend<br />
für Ihre eigene Karriere?<br />
Balzer: Da würde ich wohl meine Beharrlichkeit, ein<br />
gesundes Maß an Ehrgeiz, Durchhalte- und Einfühlungsvermögen<br />
sowie natürlich auch das stets so gern<br />
zitierte notwendige Quäntchen Glück benennen wollen.<br />
Ansonsten bin ich bislang stets den richtigen Menschen<br />
zum richtigen Zeitpunkt begegnet. Außerdem<br />
mache ich meinen Job sehr gerne – eine gute Voraussetzung<br />
für Erfolg.<br />
Interview: Alexandra Wenzig<br />
<strong>relatif</strong> – Karriere – 27
portrait<br />
Von Harry potter gelernt<br />
Nachwuchsautor Bastian Baumgart, Student der RWTH,<br />
veröffentlicht im Januar seinen ersten Roman<br />
Der allmächtige Schöpfer des Schattenlandes sitzt<br />
in der Küche. In der Wohnung im fünften Stock lebt<br />
er gemeinsam mit seiner Freundin Hannah. Der<br />
Schöpfer heißt Bastian Baumgart, ist 22 und studiert<br />
Wirtschaftsingenieurwesen. Das Schattenland ist die<br />
Welt, in der sein erster Fantasy-Roman spielt.<br />
»Eigentlich fing alles im Religionsunterricht der<br />
Oberstufe an«, erzählt Bastian. Die Schüler sollten<br />
ein Referat über eine beliebige Religion oder Sekte<br />
vorbereiten. Da es zu viele Schüler für zu wenige<br />
Themen gab, erfand seine Gruppe kurzerhand<br />
eine Sekte: »Unsere Mitschüler mussten für unsere<br />
Fiktionen herhalten. Wir verfremdeten ihre Namen<br />
etwas, die Charaktereigenschaften blieben bestehen<br />
– positiv und negativ.« Damals entdeckte Bastian<br />
sein Talent für kreatives Schreiben und fing noch<br />
während der Schulzeit an, seinen eigenen Fantasy-<br />
Roman zu schreiben.<br />
»Wer am forscht, Roman: soll »Beispielsweise weniger Steuern in Schottland. zahlen« Dort saß<br />
sagte ich auf einer <strong>No</strong>rdrhein-Westfalens Wiese, betrachtete Innovationsminister<br />
die Landschaft und<br />
Andreas ließ mich Pinkwart vom Wasserlauf (FDP) dem eines Handelsblatt.<br />
Baches inspirieren.«<br />
Größter So könne Kritiker Deutschland seiner Schattenland-Geschichten doch noch das Lissabon- ist<br />
Ziel Bastians erreichen Freund – aus bis Schulzeiten, 2<strong>01</strong>0 die Gesamtausgaben Stephan Lemkens, für<br />
Forschung Computer-Mathematikstudent und Entwicklung von an derzeit RWTH. 2,5 Prozent Mit der<br />
auf nötigen 3 Prozent Distanz des zum BIP zu Roman steigern. entdeckte Stephan immer<br />
Pinkwarts wieder kleinere Vorschlag Logikfehler sieht vor, innerhalb dass Unternehmen der Handlung.<br />
Forschungs-Ausgaben Ob es da auch einmal zu zwischen 115 Prozent den Freunden von der<br />
ihre<br />
Steuer gekracht absetzen hat? »Nein, können, Basti ist Mittelständler ziemlich kritikfähig sogar und zu<br />
30 auch Prozent. allgemein Den ein sehr Staat pflegeleichter würde diese Zeitgenosse«,<br />
Förderung<br />
sagt Stephan schmunzelnd.<br />
Die Geschichte des Schattenlandes beginnt mit den<br />
beiden Hauptcharakteren, die durch die Rückkehr<br />
dunkler Mächte aus dem unbeschwerten Idyll ihrer<br />
Umgebung gerissen werden und fortan als König<br />
und Magier Verantwortung übernehmen müssen<br />
(siehe Kasten). Aus ihrer Überforderung heraus treffen<br />
sie unbedachte, naive Entscheidungen. Doch<br />
die Charaktere verändern sich im Laufe des Romans.<br />
»Meine Figuren brauchen Zeit, sich zu entwickeln.<br />
Es wäre unrealistisch, sie bereits im ersten Kapitel<br />
in den Krieg ziehen zu lassen. Deshalb geht es in<br />
meinen Romanen nicht nur um Schlachten und Action«,<br />
sagt Bastian.<br />
Im Wohnzimmer entlarvt ein ganzes Standregal voller<br />
DVDs den Studenten als Filmfan. Eine Wand ist<br />
mit mittelalterlich anmutenden Schwertern dekoriert.<br />
Daneben steht ein großes Bücherregal mit<br />
Reihen voller Lustiger Taschenbücher und Romane<br />
bekannter Autoren wie J.R.R. Tolkien, C.S. Lewis<br />
und Wolfgang Hohlbein. Bastians großes Vorbild ist<br />
aber J.K. Rowling, die geistige Mutter Harry Potters.<br />
Tatsächlich hat er erst nach dem Lesen der Potter-<br />
Bände den Entschluss gefasst, seine Ideen zu Papier<br />
zu bringen. »Inhaltlich haben meine Romane nichts<br />
mit Harry Potter zu tun. Doch ich habe versucht,<br />
einige markante Merkmale von Rowlings Schreibstil<br />
aufzugreifen«, sagt der 22-Jährige.<br />
Das Schreiben seiner Bücher erfordert viel Zeit,<br />
»doch die kreative Arbeit ist für mich der perfekte<br />
Ausgleich zum theorie- und technikbezogenen<br />
Studium«, erzählt Bastian. Selbst im Urlaub arbeitete<br />
Fantasy-Autor Bastian Baumgart<br />
»Mit meinen Romanen möchte ich auch Kritik an politischen<br />
Zu- und Missständen üben, die sich im Inhalt<br />
des Fantasy-Abenteuers widerspiegeln«, betont<br />
Bastian. Und Stephan fügt hinzu: »Das ist gerade das<br />
Schöne an der Schattenland-Reihe. Man kann sie<br />
einfach als unterhaltsames Fantasyabenteuer lesen<br />
oder aber den Inhalt hinterfragen und Parallelen zur<br />
Realität ziehen.« Diesen philosophischen Tiefgang<br />
28 – Karriere – <strong>relatif</strong>
würdigten auch die Lektoren des Schweitzerhausverlages,<br />
der die Geschichte des Schattenlandes in<br />
einer Trilogie veröffentlichen wird.<br />
Die Suche nach dem Verlag und das Verfassen des<br />
ersten Teils der Trilogie hat sehr viel Zeit in Anspruch<br />
genommen. »Oft habe ich mich gefragt, ob die ganze<br />
Arbeit nicht vollkommen sinnlos ist. Doch dann<br />
haben mich meine Freunde immer ermutigt, weiter<br />
zu machen«, erzählt Bastian. Seit drei Jahren arbeitet<br />
er nun an dem großen Traum, seine Romane in den<br />
Buchregalen seiner Freunde und Familie stehen zu<br />
sehen. Doch auch ein Buchautor muss mal ausspannen:<br />
»Natürlich habe ich auch andere Interessen. Ich<br />
genieße das Studenten-Dasein in Aachen sehr. Für<br />
einen gemütlichen Abend mit Freunden oder eine<br />
Party bin ich immer zu haben.«<br />
Text und Foto: Alexandra Wenzig<br />
infos zum buch:<br />
Im Wald der Elfen geht das Gerücht<br />
um, dass der alte Rat von den dunklen<br />
Schattenwesen getötet wurde. Von der<br />
Seherin, die die Geschicke des Volkes<br />
lenkt, fehlt jede Spur. Und das gerade zu<br />
dem Zeitpunkt, da die Völker der Elfen,<br />
Gebirgler und Menschen sich langsam<br />
wieder annähern. Für den unerfahrenen<br />
König Arxor steht jedoch fest: Er muss<br />
die Schatten, den düsteren Teil der<br />
eigenen Menschengeschichte, zurückschlagen,<br />
um den Elfen zu helfen und<br />
die alten Vorurteile zwischen den Völkern<br />
zu widerrufen. Mit Hilfe seines besten<br />
Freundes Schasar, der mitten in der<br />
Ausbildung zum Magier steht, führt der<br />
junge König die Menschen in den Krieg.<br />
Und gerade dort wittern die Dunklen ihre<br />
Chance. Denn erst, wenn der junge König<br />
das sichere »Weiße Schloss« verlässt,<br />
können sie ihre Aufgabe vollenden…<br />
Das Schattenland – Die Zusammenkunft<br />
erscheint am 18. Dezember im<br />
Schweitzerhaus Verlag.<br />
ISBN 978-3-939475-27-9<br />
18,50 Euro / 500 Seiten.<br />
Vorabbestellungen unter<br />
www.schattenland.eu<br />
<strong>relatif</strong> – Karriere – 29
hingehört<br />
Mach es dir doch selbst!<br />
Wider die Dudelfunk-Depression:<br />
Ausbildungsmöglichkeiten<br />
beim Hochschulradio<br />
Wenn Radios sprechen könnten, würden sie vielleicht<br />
erzählen wie deprimiert sie sind: viel Werbung,<br />
keine Abwechslung, ständig die gleiche Musik. Doch<br />
wie soll man dem eigenen Radio helfen? Ganz einfach:<br />
Selber machen! Das Hochschulradio Aachen<br />
bietet Studenten verschiedene Möglichkeiten zur<br />
Ausbildung, um so der fortschreitenden Dudelfunk-<br />
Depression ein Ende zu setzen.<br />
Austoben<br />
»Hier werden Soft Skills vermittelt und schon während<br />
des Studiums Einblicke in die Welt der Medien ermöglicht«,<br />
sagt Alexander Nieschwietz, Ausbildungsleiter<br />
beim Hochschulradio. »Die Leute können sich bei<br />
uns austoben und wichtige Kontakte knüpfen, die<br />
im späteren Berufsleben sehr nützlich sind.«<br />
Hochschulradio-Station: Mit High-Tech zur High Fidelity<br />
Beim Hochschulradio gibt es viele Möglichkeiten,<br />
sich aktiv einzubringen – das Motto lautet: Learning<br />
by Doing. Für die Ausbildung setzt man aber auch<br />
auf externe Trainer und Kooperationen mit der deutschen<br />
Welle sowie der Landesanstalt für Medien.<br />
Ausbilden<br />
Am Anfang der Ausbildung stehen drei Basis-Workshops,<br />
in denen auf die Arbeit im Radio vorbereitet<br />
wird. Alexander Nieschwietz: »Die Basis-Workshops<br />
werden während des Semesters mindestens einmal<br />
im Monat angeboten. Hier wird mit viel Spaß und<br />
guter Laune Wissen vermittelt und interaktiv gearbeitet.«<br />
Ausreizen<br />
Der erste Workshop heißt »Beiträge erstellen« und<br />
dauert zwei Tage. Hier werden Grundlagen, insbesondere<br />
Schreibkompetenz vermittelt – speziell<br />
auf Beiträge im Radio ausgerichtet. Beim eintägigen<br />
Workshop »Schreiben fürs Hören« werden wichtige<br />
Techniken erklärt, die bei guten Moderationen,<br />
Nachrichten und Kollegengesprächen zu beachten<br />
sind. »Moderation und Technik« heißt der letzte zweitägige<br />
Workshop, der einen ersten Eindruck vom<br />
Technik-Wust vermittelt, der einen im Studio erwartet.<br />
Für alle Kurse bekommen die Teilnehmer eine<br />
schriftliche Bescheinigung. Zur Unterstützung wird<br />
den Neulingen zudem von Anfang an ein Mentor<br />
zugeteilt, der sich im »Geschäft« schon ein wenig<br />
30 – Karriere – <strong>relatif</strong>
© Fabian Jung<br />
auskennt und ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht.<br />
Um erste Erfahrungen zu sammeln, ist jederzeit<br />
ein Einstieg als Sendeassistent möglich. Als solcher<br />
unterstützt man die Moderatoren und lernt so in der<br />
Praxis, wie der Laden läuft.Nach der Grundlagenausbildung<br />
ist der Anschluss an einen von vier Arbeitskreisen<br />
möglich. »In den Arbeitskreisen kann jeder<br />
seine Fähigkeiten und Interessen optimal ausleben.<br />
Wir haben nicht nur Jobs für Geisteswissenschaftler,<br />
auch Techniker und Designer können hier ihr Wissen<br />
mit einbringen«, sagt Alexander Nieschwietz.<br />
Austesten<br />
Der Arbeitskreis Wortredaktion kümmert sich um<br />
sämtliche Texte, ihm gehören die Redakteure und die<br />
Moderatoren an. Wer schon immer mal »on air« gehen<br />
oder professionell schreiben und recherchieren<br />
lernen wollte, kann seine berufliche Karriere in diesem<br />
Arbeitskreis beginnen. Der Arbeitskreis Musikredaktion<br />
richtet sich an alle, deren Leben von Musik<br />
bestimmt ist. Hier werden neue Musikstücke ausgewählt<br />
und Kontakte zu den Labels gepflegt. Wer hier<br />
arbeitet, bestimmt mit, was läuft.<br />
Ausmalen<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Design sind die Themen des<br />
dritten Arbeitskreises. Hier wird für die dauerhafte<br />
Präsenz des Hochschulradios in der Presse gesorgt,<br />
Plakate und Flyer werden gestaltet, Events geplant,<br />
Pressemitteilungen verfasst und Kooperationen betreut.<br />
»Viele Studenten, gerade Geisteswissenschaftler,<br />
möchten später einen Beruf in der PR ergreifen«,<br />
sagt Benjamin Lüttgen, Leiter des Arbeitskreises.<br />
»Um hier einen guten Job zu bekommen, kann<br />
man gar nicht früh genug anfangen, Erfahrungen<br />
zu sammeln.« Das moderne Studio des Hochschulradios<br />
ist zudem ein Paradies für Technik-Begeisterte.<br />
Hier gibt es immer was zu frickeln.<br />
Auch Technik-Freaks kommen nicht zu kurz – die<br />
Homepage will zum Beispiel stets gepflegt werden.<br />
Deshalb gibt es den vierten Arbeitskreis Technik & IT.<br />
Wer sich nicht so richtig für einen Arbeitskreis entscheiden<br />
kann, hat übrigens auch die Möglichkeit,<br />
als freier Mitarbeiter überall mitzumischen.<br />
Die Möglichkeiten, sich im Hochschulradio zu engagieren,<br />
sind also vielfältig – Vorkenntnisse sind für<br />
eine Mitarbeit nicht notwendig. »Und entscheidend<br />
ist: Erwerb von Know-how und Spaß an der Sache<br />
schließen sich hier einander nicht aus«, sagt Benjamin<br />
Lüttgen.<br />
Text: Sarah Stommel; Foto: Maik Kawohl<br />
iHochschulradio-Frequenzen:<br />
99,1 und 95,35 MHz (über Kabel)<br />
Das Studio befindet sich in der<br />
Wüllnerstraße 5. Wer an einer Mitarbeit<br />
interessiert ist, kann jeden Dienstag um<br />
16 Uhr in die Sprechstunde kommen<br />
oder schreibt eine E-Mail an:<br />
ausbildung@hochschulradio-aachen.de<br />
<strong>relatif</strong> – Karriere – 31
nebenjob<br />
die gefühlsvermittlerin<br />
Eine Studentin dolmetscht den tschechischen Alemannia-Spieler Luboš Pecka,<br />
obwohl sie eigentlich lieber in der Erde buddelt.<br />
Zusana Dulíková ist 27 Jahre alt. Die gebürtige<br />
Slowakin lebt seit sieben Jahren in Deutschland und<br />
studiert derzeit Romanistik, Anglistik und Baugeschichte<br />
an der RWTH.<br />
Ihr Studium finanziert sie sich mit drei Nebenjobs: Sie<br />
arbeitet in einer Boutique, hilft bei Ausgrabungen<br />
unter dem Dom und seit August ist sie Dolmetscherin<br />
von Luboš Pecka, dem neuen Stürmer bei<br />
Alemannia Aachen.<br />
An diesen ungewöhnlichen Job geriet Zusana zufällig:<br />
»Aus heiterem Himmel bekam ich einen Anruf<br />
von einem Alemannia-Mitarbeiter, der fragte, ob ich<br />
an dem Job als Übersetzerin interessiert sei.« Seitdem<br />
erteilt sie dem tschechischen Spieler zwei- bis<br />
dreimal in der Woche Deutschunterricht und nimmt<br />
mit ihm zusammen Pressetermine wahr.<br />
Schon ihre Fächerwahl lässt erahnen, dass Zusana<br />
Freude an Sprachen hat. Das Feingefühl dafür entwickelte<br />
sie bereits in ihrer Kindheit. So wurde sie<br />
von ihrem Vater zweisprachig erzogen, lernte Tschechisch<br />
und Slowakisch. Überhaupt hat die Studentin<br />
eine ungewöhnliche Biografie vorzuweisen. Zweimal<br />
arbeitete sie bereits als Au-Pair in Irland, mit<br />
20 Jahren verließ sie ihre Heimat und kam nach<br />
Deutschland.<br />
Zusana war allein und hatte keine nennenswerten<br />
Sprachkenntnisse – doch sie lernte sehr schnell: »Ich<br />
musste ja ständig Deutsch sprechen, weil ich mich<br />
mit niemandem in meiner Muttersprache unterhalten<br />
konnte.« Aus ihrer Verwandtschaft lebt niemand<br />
in Deutschland, also musste Zusana von vorne<br />
beginnen und sich erstmal ein soziales Umfeld<br />
schaffen. Das war für das kontaktfreudige und abenteuerlustige<br />
Mädchen jedoch kein Problem. Neugewonnene<br />
Freunde wurden schnell zu einer Art<br />
Familie.<br />
So auch Luboš Pecka: Ihn und seine Familie hat Zusana<br />
mittlerweile ins Herz geschlossen. Sehr gut kann<br />
sie nachvollziehen, wie es ist, in einem fremden Land<br />
zu sein und die Sprache nicht zu beherrschen. Auch<br />
außerhalb ihrer offiziellen Arbeit hilft sie, wo sie<br />
kann. Beispielsweise wenn die beiden Kleinkinder<br />
der jungen Familie zum Impfen müssen oder Überweisungen<br />
anstehen.<br />
Alles in allem ist es eine Aufgabe, die viel Verantwortung<br />
mit sich bringt. Denn ohne Zusana wäre<br />
das Leben hier in Aachen für die Familie Pecka sehr<br />
viel schwieriger, da das Ehepaar auch kaum Englisch<br />
spricht. Zusana sieht sich nicht bloß als Übersetzerin<br />
der Sprache, sondern auch als Vermittlerin<br />
von Gefühlen: »Um authentisch zu sein, müssen<br />
auch Gefühle während eines Gesprächs mit transportiert<br />
werden. Das ist nicht immer einfach.« Doch<br />
diese Verantwortung übernimmt Zusana gerne.<br />
Schließlich ist aus dem ungewöhnlichen Arbeitsverhältnis<br />
eine echte Freundschaft geworden. Als<br />
Dolmetscherin würde Zusana später aber lieber nur<br />
nebenher arbeiten. Ihre größere Leidenschaft sind<br />
die Ausgrabungen – sie möchte Archäologin werden.<br />
Obwohl man meinen könnte, Zusana sei durch<br />
das Studium und ihre drei Jobs ziemlich ausgelastet,<br />
geht sie in der Freizeit auch noch tanzen: »Ich bin<br />
hyperaktiv«, sagt sie und lacht. »Am liebsten mag ich<br />
die lateinamerikanischen Tänze.«<br />
Text und Foto: Kim <strong>No</strong>bis<br />
Inzwischen ein eingespieltes Team: Alemannias Stürmer Luboš Pecka und seine Dolmetscherin Zusana Dulíková<br />
32 – Karriere – <strong>relatif</strong>
Rätsel<br />
Handynummer – doch von wem?<br />
Saskia hat Geburtstag und macht eine Bottle-Party.<br />
Unter anderem hat sie auch fünf gutaussehende<br />
Studenten eingeladen, die ihr sehr gut gefallen. Jeder<br />
dieser jungen Männer studiert etwas anderes.<br />
Außerdem bringt jeder ein anderes Lieblingsgetränk<br />
mit, trägt etwas anderes und hat einen anderen Musikgeschmack.<br />
Am nächsten Morgen wacht Saskia auf und hat einen<br />
kompletten Filmriss. Auf ihrem Handrücken<br />
steht – etwas verwischt, aber noch leserlich – eine<br />
Handynummer.<br />
Obwohl sie noch ziemlich verkatert ist, verabredet<br />
sie sich sofort mit ihren besten Freundinnen Katja<br />
und Miriam, um zu erfahren, was gestern Abend<br />
passiert ist und wer die Nummer auf ihre Hand geschrieben<br />
hat.<br />
Die beiden erzählen ihr einiges über den letzten<br />
Abend, doch sie widersprechen sich sehr oft. Schnell<br />
wird Saskia klar, dass nur eine von beiden die Wahrheit<br />
sagt und die andere lügt.<br />
Nach dem Gespräch ist sie so verwirrt, dass sie keine<br />
andere Möglichkeit sieht, als die Nummer zu wählen<br />
und so herauszufinden, zu welchem der Studenten<br />
sie gehört.<br />
Wenn man voraussetzt, dass eine von ihren Freundinnen<br />
immer die Wahrheit sagt und die andere bei<br />
jeder Aussage, die sie macht, lügt, hätte sie aus dem<br />
Gespräch trotzdem erfahren können, was sie wissen<br />
wollte.<br />
(Der Einfachheit halber heißt Lügen hier, das Gegenteil<br />
der Wahrheit zu sagen, sofern es ein »Gegenteil«<br />
gibt. Dies gilt ganz besonders bei den Zeitangaben:<br />
Wenn die Lügnerin also behauptet, dass X direkt<br />
nach dem Y-Studenten kam, dann heißt das, dass<br />
er in Wirklichkeit direkt vor ihm kam. Es ist nicht gemeint,<br />
dass er irgendwann früher kam oder dass beide<br />
auch eine Person sein könnten.)<br />
Katja: Matthias studiert BWL.<br />
Miriam: Der Klassik-Fan kam direkt nach demjenigen<br />
im roten T-Shirt.<br />
Katja: Der Punk-Fan trug ein weißes T-Shirt.<br />
Miriam: Der Hip-Hop-Fan trinkt kein Bier.<br />
Katja: Der Informatik-Student hört gerne Rock.<br />
Miriam: Katja lügt.<br />
Katja: Als letztes kam der Korn-Trinker.<br />
Miriam: Der vierte Gast studiert Architektur.<br />
Katja: Die Nummer hat dir der Student im<br />
grünen T-Shirt gegeben.<br />
Miriam: Simon hört kein Trance.<br />
Katja: Ich sage die Wahrheit<br />
Miriam: Daniel studiert Informatik.<br />
Katja: Andreas mag Bacardi-Cola nicht.<br />
Miriam: Der Sekt-Trinker kam früher als der<br />
Student, der Bacardi-Cola mitbrachte.<br />
Katja: Wenn du mich fragst, ob Miriam lügt,<br />
dann ist meine Antwort »ja«.<br />
Miriam: Die Nummer hat dir der Student im<br />
schwarzen T-Shirt gegeben.<br />
Katja: Der Medizin-Student kam direkt nach dem<br />
Bier-Trinker.<br />
Miriam: Der Student im schwarzen T-Shirt kam<br />
direkt vor demjenigen im blauen T-shirt.<br />
Katja: Der zweite der fünf Gäste studiert<br />
Architektur.<br />
Miriam: Der Student, der ein rotes T-Shirt<br />
anhatte, kam später als der Wein-Trinker.<br />
Katja: Der Medizin-Student kam direkt nach dem<br />
Soziologie-Studenten.<br />
Miriam: Christian kam später als der Architektur-<br />
Student.<br />
Wer gab Saskia seine Nummer?<br />
Sende Deine Lösung an<br />
info@<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de<br />
und gewinne das Shirt des Monats! (S. 20)<br />
i<br />
<strong>relatif</strong> – Karriere – 33
Weihnachten<br />
<strong>relatif</strong> kreativ<br />
Das Fest der Feste steht unmittelbar vor der Tür. Neben dem sanften Flair aus Glühwein,<br />
Spekulatius und Weihnachtsduft entsteht aber auch immer wieder ein bitterer Stress:<br />
Geschenke müssen her. Sei es für den oder die Liebste, Oma oder das Meerschweinchen.<br />
Doch was soll man nur schenken? Schokolade? Kugelschreiber? Seife?<br />
Die Mitglieder der <strong>relatif</strong>-Redaktion verraten, was bei ihnen dieses Jahr unter dem<br />
Weihnachtsbaum liegt:<br />
Anna Mavrommatis<br />
Ich finde es jedes Jahr aufs Neue schwer, etwas für<br />
meine Großmutter zu finden. An materiellen Dingen<br />
hat sie gar nicht so viel Spaß und Sachen, die sie<br />
braucht, kauft sie sich immer gleich selbst. Aber diesmal<br />
ist mir etwas eingefallen, über das sie sich bestimmt<br />
freuen wird: Zeit. Denn im Alltag nehme ich mir viel<br />
zu wenig Zeit, mal etwas mit ihr zu unternehmen. Also<br />
schenke ich ihr zu Weihnachten einen gemeinsamen<br />
Abend. Wir gehen ins Konzert, in die Oper<br />
oder vielleicht ins Theater, was gerade<br />
läuft und uns beiden gefällt. Ich<br />
bin mir sicher, dass ihr das viel<br />
Freude bereitet, und das<br />
Schöne ist: mir auch.<br />
Lioba Schmid<br />
Meine Schwester geht Ende Dezember für ein Jahr<br />
nach Australien. Eine so lange Zeit ohne Freunde und<br />
Familie ist bekanntlich nicht so einfach. Um ihr den<br />
Abschiedsschmerz und das Heimweh ein wenig zu erleichtern,<br />
schenke ich ihr eines dieser Freundschaftsbücher,<br />
das einen an die Grundschulzeit erinnert. Natürlich<br />
bekommt sie es nicht, um ihre neuen Freunde<br />
darin zu sammeln. Sie bekommt es fertig ausgefüllt<br />
von allen, die ihr am Herzen liegen. Damit<br />
sie uns überall mit hinnehmen kann<br />
– und in Heimwehzeiten etwas zu<br />
lachen hat.<br />
!<br />
?<br />
Alexander Plitsch<br />
Meine Nichte blättert schon wieder<br />
dauernd in diesen Weihnachts-<br />
Spielzeugprospekten. Wie sie ihre Wünsche<br />
auswählt? Sie sucht einfach alles heraus, was glänzt,<br />
glitzert, rosa oder pink ist und irgendwas mit Prinzessinnen<br />
zu tun hat. Aber nicht mit mir! Ich kaufe<br />
ihr etwas Gescheites: ein Lego-Piratenschiff oder ein<br />
ferngesteuertes Auto oder so. Wenn’s ihr nicht gefällt,<br />
schiebe ich alles aufs Christkind und spiel halt selber<br />
mit den Sachen.<br />
Stefanie Schmidt<br />
Dieses Jahr schenke ich meiner<br />
Mutter einen selbst beklebten Stuhl.<br />
Nicht selbstklebend, versteht sich. Denn Stühle<br />
sind immer gut: zum Sitzen, zum Wippen oder auch<br />
zum Umschmeißen, wenn´s denn so weit kommt. Und<br />
was ist besser als etwas, das praktisch und auch noch<br />
von Herzen kommt (was nicht auf alles zutrifft: Eine<br />
Nudelmaschine kommt nicht von Herzen, das macht<br />
mir keiner weiß). Meine Mutter bekommt einen Stuhl,<br />
damit sie hin und wieder innehält.<br />
34 – Leben – <strong>relatif</strong>
Jungs fragen, Mädels antworten…<br />
und andersrum<br />
Warum zeigt Ihr uns Eure Brüste im Bikini,<br />
aber nicht im BH?<br />
Frage: Bei der Ersti-Rallye im Oktober ist es mir mal<br />
wieder aufgefallen: Als ich am Elisenbrunnen vorbeikam,<br />
breitete gerade ein Bauingenieur-Tutorium seine<br />
Klamotten auf dem Boden aus – die Aufgabe: Kleiderkette.<br />
Nach fünf Minuten hatten sich die Jungs bis<br />
auf ihre Boxershorts ausgezogen und standen in<br />
der Kälte. Die Mädels hingegen legten ihre Jacken<br />
ab, die Gürtel und genierten sich dann schon bei<br />
den Socken. Keine aber traute sich, ihre Hose abzulegen<br />
– na gut – aber wäre denn nicht zumindest<br />
das Oberteil drin gewesen? Ich meine, in derselben<br />
Woche war ich in den Carolus<br />
Thermen. Und hat sich dort<br />
irgendein Mädchen oder eine<br />
Frau im Bikini vor den Männern<br />
geniert? Natürlich nicht!<br />
Also Mädels, wie kommt das:<br />
Wieso dürfen wir Euch im Bikini<br />
bewundern, im BH aber<br />
nicht?<br />
Antwort: Das ist eine berechtigte,<br />
aber schwer zu beantwortende<br />
Frage.<br />
Auch wenn es für Euch Jungs<br />
auf den ersten Blick keinen<br />
Unterschied machen mag –<br />
Bikini oder Unterwäsche in<br />
der Öffentlichkeit, das sind<br />
für uns zwei ganz verschiedene Welten. Vielleicht<br />
schlägt da ja einfach die gute Erziehung unserer Mütter<br />
und Großmütter durch. Aber das ist nicht anzunehmen.<br />
Wahrscheinlicher für unsere peinliche Berührung<br />
in solchen Momenten sind folgende Gründe:<br />
Es könnte sein, dass wir unsere schönsten Dessous<br />
tragen und dadurch viel weniger bedeckt wäre<br />
als beim Bikini. Außerdem würden Euch bei diesem<br />
Anblick die Augen ausfallen und das wollen<br />
wir uns doch lieber ersparen. Vielleicht haben wir<br />
unsere Dessous aber auch gerade nicht drunter und<br />
wollen uns nicht die Blöße geben, uns mit der verwaschenen<br />
Snoopy-Collection von H&M zu zeigen – die<br />
übrigens total angesagt war, als wir zwölf waren. Nicht<br />
vergessen darf man auch, dass die durchschnittliche<br />
Frau gefühlte 500 Problemzonen hat, die zwar nicht<br />
unbedingt immer existent sind, uns aber trotzdem vor<br />
jeder Entkleidung durch den Kopf gehen. Das ist bei<br />
einer spontanen Aktion wie der Kleiderkette ein großes<br />
Problem. Auf den Sommer und damit die Bikinizeit<br />
können wir uns zumindest mental, wenn auch leider<br />
nicht immer physisch vorbereiten.<br />
Glaubt Ihr, dass alle Schwulen Euch am liebsten<br />
anspringen würden?<br />
Frage: Was ist nur los mit euch Jungs? Wenn Ihr beim<br />
Fußball ein Tor schießt, liegt Ihr Euch minutenlang in<br />
den Armen. Wenn Ihr feiert und trinkt, singt Ihr eng<br />
umschlungen Eure Lieder. Und wenn Ihr dann zu viel<br />
getrunken habt, haltet Ihr Euch gegenseitig die Köpfe<br />
über der Kloschüssel. Aber outet sich ein Kerl Euch gegenüber<br />
als schwul oder haltet Ihr ihn auch nur dafür,<br />
bricht plötzlich Panik aus. Ihr wisst nicht wohin mit<br />
euch, habt Angst vor jeder Berührung und davor, der<br />
Typ könnte sich ohne Vorwarnung auf Euch stürzen.<br />
Er könnte Euch »anschwulen«, wie Ihr gerne bemerkt.<br />
Was geht da in Euch vor? Ihr<br />
geratet ja auch nicht in Panik,<br />
wenn wir Mädels uns als heterosexuell<br />
zu erkennen geben.<br />
Bei uns habt Ihr keine Panik,<br />
dass wir über Euch herfallen.<br />
Warum glaubt Ihr dann, dass<br />
schwule Männer nicht die<br />
Hände von Euch lassen können?<br />
Antwort: Erstens: Warum sollten<br />
wir uns davor fürchten,<br />
dass heterosexuelle Frauen<br />
über uns herfallen könnten?<br />
Einen größeren Wunsch haben<br />
wir nicht! Dann zur eigentlichen<br />
Frage – die ist wirklich<br />
sehr einfach zu beantworten: Wir haben nix gegen<br />
Schwule, aber wir wissen nun mal wie Männer ticken.<br />
Da kann man ja nur Angst haben! Bei Euch Mädels rätseln<br />
wir die ganze Zeit herum: Was will sie jetzt genau?<br />
Was erwartet sie von mir? Bei den Schwulen aber wissen<br />
wir ganz genau: Die sind nur auf Beutejagd wie alle<br />
anderen Jungs auch – und wir wollen nicht das nächste<br />
Opfer sein. Deshalb ist es uns auch schleierhaft, warum<br />
Ihr Mädels nicht andauernd Angst vor uns habt. Habt<br />
Ihr in Wahrheit aber wohl auch, denn warum sonst solltet<br />
Ihr Euch alle einen schwulen Kerl als besten Freund<br />
halten? Doch nur, weil Ihr Euch bei ihm keine Sorgen<br />
machen müsst, angegraben zu werden. Wenn Ihr dann<br />
diesen metrosexuellen, gepflegten und gut riechenden<br />
Typen mit in die Disco nehmt, habt Ihr gleich noch einen<br />
Schutzwall gegen all die behaarten und verschwitzten<br />
Macho-Männer. Währenddessen sind wir den schwulen<br />
Anmachen wehrlos ausgeliefert. Vielleicht schmeicheln<br />
uns diese Anmachen sogar und wir sind nur um unser<br />
Image besorgt.<br />
Text: Lioba Schmid, Anna Mavrommatis, Alexander Plitsch<br />
<strong>relatif</strong> – Leben – 35
ausgetestet<br />
probieren über studieren<br />
Der sichere Weg zum Pröbchen<br />
Der Student hat bekanntlich<br />
nicht viel Geld. Er muss sich<br />
mit unterbezahlten Nebenjobs<br />
sein täglich Brötchen verdienen<br />
und schaut schon ein paar Cent<br />
Kopiergeld mit feuchtem Auge<br />
hinterher. Da ist von »Ich gönne<br />
mir heute mal was« nur selten<br />
die Rede. Also muss der Student<br />
zu anderen Tricks greifen, um im<br />
teuren Alltag über die Runden zu<br />
kommen.<br />
Besonders bei Drogerieprodukten<br />
staunt der Student nicht selten<br />
über den Preis. So sind<br />
Hautcremes oder Parfums meist<br />
nur zum Gucken, aber nicht zum<br />
Anfassen da. Aus dieser <strong>No</strong>t hat<br />
der Student eine Tugend gemacht<br />
und drei Strategien im Umgang<br />
mit Verkäufern entwickelt, um den<br />
Griff in die Pröbchenschublade zu<br />
erzwingen – denn Pröbchen sind<br />
wie für Studenten gemacht: Sie<br />
sind umsonst!<br />
Drei Typen lassen sich bei der<br />
Pröbchenjagd unterscheiden:<br />
Der Experte<br />
Dies ist eine einfache aber sichere<br />
Methode, um an viele Pröbchen<br />
zu kommen: Vom Moment an,<br />
in dem Du den Laden betrittst,<br />
gibst Du Dich als Kenner in<br />
Sachen Pflegeartikel und Düfte<br />
aus. Sätze wie »Ich hatte schon<br />
diese Hautcreme von Chanel und<br />
dieses Parfum von Boss, aber jetzt<br />
brauche ich was Neues« zeigen<br />
dem Verkäufer, dass Du Dich mit<br />
den Produkten beschäftigt hast.<br />
So muss er schon nachdenken,<br />
bevor er Dir etwas anbietet, denn<br />
mit etwas »Gewöhnlichem« wirst<br />
Du Dich sicher nicht begnügen.<br />
Also bleibe hart und vertraue auf<br />
die Macht der Täuschung und<br />
Du wirst am Ende mit einer Tüte<br />
voller Cremes und Düfte den<br />
Laden verlassen, ohne nur einem<br />
einzigen Cent hinterhertrauern<br />
zu müssen. Aber Vorsicht: Um<br />
Deine Expertentarnung nicht<br />
zu verlieren, solltest Du nicht<br />
anfangen über chemische Dinge<br />
wie PH-Werte zu diskutieren – da<br />
ziehst Du meist den Kürzeren. Vor<br />
allem wenn du damals im Chemie-<br />
Unterricht immer die Deutsch-<br />
Hausaufgaben gemacht hast.<br />
Der Neugierige<br />
Auch ein gutes Mittel ist die<br />
vorgetäuschte Neugier. So freuen<br />
sich Verkäufer, wenn sie merken,<br />
dass sie Dir ihr breites Wissen<br />
über die spannende Welt der<br />
Düfte und Pflegeartikel unter<br />
Beweis stellen können – und<br />
Du interessierst Dich auch noch<br />
dafür. Einfach freundlich zuhören<br />
und Phrasen wie: »Ach ja?«<br />
oder »Das hab ich auch noch<br />
nicht gewusst!« loslassen und<br />
der Verkäufer ist Dein Freund.<br />
Allerdings braucht man dazu<br />
eine gehörige Portion Geduld.<br />
Es kann zur Herausforderung<br />
werden, sich loszueisen und<br />
deutlich zu machen, dass man sich<br />
ja eigentlich nur mal informieren<br />
wollte. Dennoch: Am Ende hast<br />
Du Versuchspäckchen en masse!<br />
36 – Leben – <strong>relatif</strong>
Tester<br />
nicht zum Verkauf<br />
Der Verzweifelte<br />
PROBE<br />
Natürlich bleibt immer die<br />
Möglichkeit, sich als völlig<br />
verzweifelter, vom Einkaufsstress<br />
geplagter Kunde ausgegeben,<br />
der auf der Suche nach dem<br />
passenden Geschenk schon fast<br />
die Hoffnung aufgegeben hat.<br />
»Ich suche schon so lange und<br />
finde einfach nicht das Richtige!«<br />
Besonders jetzt im aufkommenden<br />
Weihnachtsgeschäft werden viele<br />
sich so verhalten. Deshalb ist zu<br />
beachten: Man muss Euch die<br />
Verzweiflung abkaufen. Aber<br />
wenn Ihr zum Beispiel sagt, Euer<br />
Bruder oder Eure Schwester<br />
wünschten sich einen neuen<br />
Duft, aber sie seien so wählerisch,<br />
dann bekommt Ihr bestimmt das<br />
ein oder andere Pröbchen zum<br />
Mitnehmen!<br />
Für alle drei Typen gilt: Sei<br />
authentisch! Das ist das<br />
Geheimnis für einen erfolgreichen<br />
Beutezug durch die Drogerien<br />
und Parfumerien. Ein<br />
Nachmittagsmarsch durch mehrere<br />
Geschäfte, und Ihr habt ausgesorgt.<br />
Man glaubt kaum, wie lang so ein<br />
Pröbchen hält, wenn man sparsam<br />
ist. Und das ist der Student ja<br />
gewohnt.<br />
Text: Mark Allhoff<br />
<strong>relatif</strong> – Leben – 37
weit weit weg:<br />
händchen halten verboten<br />
Die zwei haben‘s gut – Moped statt Handkarre<br />
Die Hölle von Vellore – ein typisch indisches Verkehrschaos<br />
Die Zeit vergeht ganz schön<br />
schnell, wenn man erstmal weg<br />
ist. Jetzt ist schon Tag 55, fast ein<br />
Drittel meines Indien-Abenteuers<br />
liegt hinter mir. In diesen zwei<br />
Monaten ist so viel passiert wie<br />
in zwei Jahren daheim. Hier wird<br />
man mit einer komplett anderen<br />
Realität konfrontiert, einem Leben<br />
jenseits von Bürokratie und Pünktlichkeit.<br />
In Indien geht alles etwas<br />
langsamer als in Deutschland. Bis<br />
auf den Verkehr vielleicht, auf dem<br />
Weg zur Arbeit bange ich täglich<br />
um mein Leben. Beim Bus zum<br />
Beispiel hoffe ich jedes Mal, dass er<br />
auch dort stehen bleibt wo ich<br />
warte. Denn Haltestellenschilder<br />
gibt es nicht, maximal ein bushaltestellenähnliches<br />
Gerüst. Ist<br />
der Bus da, beginnt das Chaos:<br />
Rennen, quetschen, stolpern.<br />
Riesenschritt in den Bus. Auf einen<br />
Sitzplatz hoffen – wenn nicht:<br />
gut festhalten, Beine fest auf den<br />
Boden stemmen und beten. Aufpassen,<br />
dass ich mich nicht auf die<br />
Männerseite stelle. Bedauern, dass<br />
ich mir nicht die Ohren zuhalten<br />
kann, um nicht taub zu werden.<br />
Ergattere ich doch einen Sitzplatz:<br />
Hoffen, dass keine Mutter ihr Kind<br />
auf meinen Schoß setzt und dass<br />
ich durch die Menge überhaupt<br />
wieder zur Tür komme. Und bei<br />
aller Anstrengung zerfließe ich vor<br />
Hitze – so eine Busfahrt ist wirklich<br />
kein Vergnügen.<br />
Höllenfahrt per Rikscha<br />
Deshalb bevorzuge ich mittlerweile<br />
Rikschas. Hier muss man nur<br />
aufpassen, dass die Fahrer keine<br />
utopischen Preise verlangen. Aber<br />
ich habe mittlerweile herausgefunden,<br />
welche Preise realistisch sind<br />
und was zu weit geht.<br />
Doch auch eine Rikschafahrt kann<br />
sich zur Höllenfahrt entpuppen.<br />
Neulich hielt es ein sehr engagierter<br />
Rikschafahrer bei irrwitzigem<br />
Tempo nicht für nötig, auf die<br />
Straße zu achten. Er schaute lieber<br />
mit breitem Grinsen zu uns nach<br />
hinten, dann nach links, dann<br />
nach rechts – und wieder nach<br />
hinten. Warum nicht nach vorne?<br />
Zwischendurch sprang noch ein<br />
Bekannter auf, was den Guten nur<br />
noch mehr animierte, uns mit seinen<br />
Fahrkünsten zu imponieren.<br />
Grinsend sauste er um die Kurven,<br />
ohne die geringste Einsicht in den<br />
Gegenverkehr. Dass wir nicht in<br />
ein entgegenkommendes Auto,<br />
einen Hund, Esel oder eine heilige<br />
Kuh gerast sind, gleicht einem<br />
Wunder. Am Ziel angekommen<br />
zeigte er euphorisch auf seine Uhr<br />
und sagte: »Fast, fast!«. Ich war nur<br />
froh, aus diesem Höllenschlitten<br />
zu kommen und nicht mit meinem<br />
Leben bezahlt zu haben. Er wollte<br />
nur die abgesprochenen 40 Rupies<br />
haben.<br />
Männer ans Steuer<br />
In Indien wird das Reisen zum<br />
Risiko für Leib und Seele: Im Zugverkehr<br />
kommt es jedes Jahr zu<br />
400 bis 500 Unfällen. Und 85.000<br />
Menschen sterben jährlich auf<br />
Indiens Straßen. Hierzulande kann<br />
Mann allerdings nicht behaupten,<br />
dass Frauen die Unfallerzeuger<br />
sind, denn kaum eine Frau traut<br />
sich in den Straßenverkehr. Die<br />
einzigen fahrenden Frauen, die<br />
ich kennen gelernt habe, sind<br />
für Inderinnen sehr emanzipiert<br />
und wollen beide nach England<br />
auswandern.<br />
38 – Leben – <strong>relatif</strong>
Carolin Trefzger ist 24 und studiert seit 2004 Logopädie<br />
in Heerlen, Niederlande.<br />
Eine Vorlesung »Studieren im Ausland« brachte<br />
sie und eine Freundin auf die Idee, nach Indien zu<br />
gehen. Fast ein Jahr benötigten die beiden für die<br />
Planung, mittlerweile sind sie seit zwei Monaten in<br />
Indien. Carolin verbrachte diese Zeit im Christian<br />
Medical College (CMC) in Vellore. Hier macht sie ein<br />
logopädisches Praktikum, obwohl sie die Sprache<br />
des Landes nicht spricht.<br />
»Als Logopäde hat man oft mit Schlaganfallpatienten<br />
zu tun. Hier geht es dann um das erneute Anlernen<br />
des Schluckens oder auch um Atemtechniken. Da<br />
kann man ohne weiteres ohne die jeweilige Sprache<br />
auskommen« erzählt Carolin.<br />
»Außerdem kann bei der logopädischen Arbeit mit<br />
behinderten Kindern vieles über Gestik und Mimik ablaufen.«<br />
Den zweiten Teil ihres Praktikums wird Carolin in<br />
Chennai (Madras), in einer Schule für Taube verbringen.<br />
»Da kann ich auf Englisch mit den Lehrern<br />
und Schülern kommunizieren. Das ist zur Abwechslung<br />
ganz beruhigend, wo doch alles andere noch so<br />
spannend und neu für mich ist«, sagt Carolin.<br />
DIE KORRES-<br />
PONDENTIN<br />
Name:<br />
Carolin Trefzger<br />
Alter:<br />
24<br />
Beruf:<br />
Logopädie-Studentin<br />
in Heerlen (NL)<br />
Hochzeit nach Horoskop<br />
Als Frau hat man es aber wirklich<br />
nicht allzu leicht. Nimmt man<br />
zum Beispiel das Thema Liebe. Es<br />
gibt quasi keine Liebeshochzeiten,<br />
wichtig sind die passende Kaste<br />
und das Horoskop. Ja wirklich, das<br />
Horoskop. Wenn die Horoskope<br />
von Mann und Frau nicht zusammenpassen,<br />
findet die Hochzeit in<br />
den meisten Fällen nicht statt. Das<br />
muss man sich mal vorstellen. Ich<br />
vergleiche auch manchmal Horoskope,<br />
aber zum Vergnügen und<br />
nicht als Ausschlusskriterium.<br />
Ist die Heirat beschlossene Sache,<br />
muss die Familie der Tochter die<br />
Hochzeitsfestlichkeiten übernehmen<br />
und dazu kommt auch<br />
noch die Mitgift. Später lebt die<br />
verheiratete Tochter jedoch bei<br />
der Schwiegermutter und ihrem<br />
Ehemann.<br />
Eine schöne Vorstellung!<br />
Staat der Zärtlichkeit<br />
Als ich erst eine Woche in Indien<br />
war, habe ich in der Zeitung über<br />
eine Razzia am Strand von Chennai<br />
gelesen. Bei der Razzia ging<br />
es nicht um Drogen, Prostitution<br />
oder andere schlimme Sachen, die<br />
einem so in den Sinn kommen. Es<br />
handelte sich um eine Razzia, die<br />
es auf Pärchen abgesehen hatte.<br />
Verliebte Pärchen, die am Strand<br />
sitzen und sich die Zeit vertreiben.<br />
Diejenigen, die erwischt wurden,<br />
mussten mit aufs Polizeirevier.<br />
Nachdem sie registriert worden<br />
waren, wurden sie von ihren Eltern<br />
abgeholt. In dem Artikel wurde<br />
auch ein Gesetz zitiert, das es den<br />
Indern verbietet sich zu umarmen,<br />
Ochse – nicht heilig aber sehr nützlich<br />
Händchen zu halten oder auch<br />
im Sand versteckt Händchen zu<br />
halten. Ganz schön kurios.<br />
Geht nicht, gibt‘s nicht<br />
Doch trotz dieser Unterschiede in<br />
vielen kulturellen Fragen und den<br />
Angstzuständen, die mich bei fast<br />
jeder Rikschafahrt heimsuchen,<br />
fange ich an, mich hier zuhause<br />
zu fühlen. Das liegt auch und vor<br />
allem daran, dass die Menschen,<br />
mit denen ich zu tun habe, extrem<br />
ehrlich, freundlich und unkompliziert<br />
sind. Wenn ich hier, egal wo,<br />
ein »Nein! Das geht nicht!« erwarte,<br />
weil ich es so aus Deutschland<br />
gewohnt bin, höre ich stattdessen<br />
»<strong>No</strong> problem, no problem!« und es<br />
wird nach einem Weg gesucht.<br />
Das liegt auch nicht daran, dass<br />
man mir meine Herkunft ansieht.<br />
Die Inder zeugen von einer<br />
Flexibilität sondergleichen. Davon<br />
könnte sich manch ein Dienstleister<br />
in Deutschland noch eine dicke<br />
Scheibe abschneiden.<br />
<strong>relatif</strong> – Leben – 39
Kultur<br />
veranstaltungstipps<br />
Aus Omas Weihnachtsstube<br />
Nikoläuse, Engel, Lametta und weihnachtliche Nussknacker.<br />
Das Couven Museum der Stadt Aachen zeigt<br />
in diesem Jahr eine bunte Auswahl an historischem<br />
Christbaumschmuck. Alles was Menschen schon immer<br />
an der Weihnachtszeit fasziniert hat, ist in dieser<br />
Ausstellung zu finden.<br />
a Bis zum 3. Februar im Couven Museum<br />
Alle Register des Lebens<br />
Max Klinger war einer der wichtigsten Künstler zwischen<br />
Gründerzeit und Erstem Weltkrieg. Zu seinem<br />
150. Geburtstag präsentiert das Suermondt-Ludwig-<br />
Museum die Zyklen »Rettung Ovidischer Opfer«,<br />
1879, »Eva und die Zukunft«, 1880, »Intermezzi«,<br />
1881, »Eine Liebe«, 1887, »Brahmsphantasie«, 1894<br />
und »Vom Tode Zweiter Teil«, 1898-1910.<br />
a Bis zum 3. Februar im Suermondt-Ludwig-Museum<br />
Iconic Target<br />
Edwin Zwakman untersucht in umfangreichen Serien<br />
von Fotografien, Installationen und Skulpturen<br />
die Manipulation der Wirklichkeit durch mediale Bilder.<br />
Der niederländische Künstler geht von visuellen<br />
Signalen wie etwa dem UN-Zeichen aus. Er stößt in<br />
seiner Bearbeitung in politische, kriegerische und<br />
soziale Brisanz-Zonen vor. Zwakman verdeutlicht<br />
eindringelich, wie die Wahrnehmung der Realität<br />
und ihre künstlerische Darstellung von der Globalisierung<br />
geformt werden.<br />
a Bis zum 24. Februar im Ludwigs-Forum<br />
Karl May in 90 Minuten<br />
Geht nicht, gibt’s nicht!<br />
Nicht weniger als 53 Romane<br />
und eine Reihe von Gedichten<br />
sollen in 90 Minuten<br />
kennengelernt werden.<br />
Wer bislang überzeugt<br />
war, Karl May habe nur<br />
»Winnetou« und ein paar<br />
»Wüstenromane« geschrieben,<br />
der wird von den vielen<br />
abwechslungsreichen<br />
Romanen begeistert sein.<br />
Von Frauen in Führungspositionen<br />
bis hin zum Thema Wellness lässt das<br />
Programm keine Wünsche offen.<br />
Bis Januar im Theater 99, weitere Infos auf der Internetseite:<br />
www.akut-theater99.de<br />
Shrek the Third (OF) (Shrek der Dritte)<br />
Mi, 19. Dezember 2007, 20:00 Uhr, Aula<br />
Lizenz zum Heiraten (License to Wed)<br />
Mo, 7. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />
Das Bourne Ultimatum (The Bourne Ultimatum)<br />
Mi, 9. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />
Die Herbstzeitlosen (OmU)<br />
Mo, 14. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />
Dead Men Don‘t Wear Plaid (OmU) (Tote tragen keine Karos)<br />
Mi, 16. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />
Vier Minuten<br />
Mo, 21. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />
Cannes Rolle<br />
Mi, 23. Januar 2008, 20:00 Uhr, Fo1<br />
Pans Labyrinth (OmU) (El Laberinto del Fauno)<br />
Mo, 28. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />
Ratatouille (OF)<br />
Mi, 30. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />
Quelle: www.kulthit.de<br />
40 – Leben – <strong>relatif</strong>
RWTH Big Band<br />
Die Big Band der RWTH gibt am Freitag, 25. Januar,<br />
zusammen mit der Big Band der Uni Köln ein Konzert<br />
im Jakobshof. Das Repertoire der Band ist vielseitig.<br />
Vom Big Band Swing bis hin zu Klassikern der Filmmusik<br />
ist für jeden Musikgeschmack etwas dabei.<br />
Das Konzert beginnt um 20 Uhr.<br />
The killer in me is the killer in you my love<br />
Das Theaterstück erzählt von der aufregenden und<br />
zugleich erschreckenden Welt der Heranwachsenden.<br />
In seinem preisgekrönten Werk gelingt es Andri<br />
Beyler mit eindrucksvollen Dialogen, der Sprachlosigkeit<br />
der Jugend Ausdruck zu verleihen. Das Stück<br />
ermöglicht Einblicke in die Gefühlswelten der einzelnen<br />
Charaktere und schafft so einen beeindruckenden<br />
Überblick.<br />
Die Premiere des Stücks ist am Mittwoch, 13. Dezember,<br />
im Mörgens.<br />
»Spitzenreiter« – Höhepunkte und Breitseiten<br />
aus vier Programmen<br />
Kabarett, das man live erlebt haben muss. Am Mittwoch,<br />
16. Januar, tritt HG. Butzko im Theatersaal der<br />
Mensa Academica in der Turmstraße 3 auf. Butzko<br />
kann wie kein Zweiter Bösartigkeiten aus heiterem<br />
Himmel fallen lassen und gleichzeitig das Komische<br />
in den Katastrophen des Lebens entdecken. Er<br />
nimmt kein Blatt vor den Mund und strapaziert so<br />
das Zwerchfell des Zuschauers.<br />
Das Programm beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt für Studenten<br />
beträgt vier und für alle anderen fünf Euro.<br />
Hochschulsportshow<br />
Die Hochschulsportshow, am Dienstag den 29. Januar,<br />
ist ein abwechslungsreiches Erlebnis. Im Rahmen<br />
der Show präsentieren Gruppen aus den unterschiedlichsten<br />
Sportarten ihr Können und sorgen<br />
für Spannung und Unterhaltung. Von orientalischem<br />
Tanz über Kung Fu bis hin zu Aerobic lässt das Programm<br />
am Königshügel keine Wünsche offen. Im<br />
Anschluss findet wie jedes Jahr eine Aftershowparty<br />
statt.<br />
Einlass ist um 17.45 Uhr, die Ehrung der Sportler<br />
beginnt um 18.30 Uhr. Die Show startet um 19 Uhr.<br />
Karten im Vorverkauf gibt es ab dem 8. Januar im<br />
Hochschulsportzentrum, im Hauptgebäude und<br />
beim <strong>AStA</strong> der RWTH.<br />
<strong>relatif</strong> – Leben – 41
ezept<br />
Weihnachten am schwarzen meer<br />
Petar spricht über Weihnachten und Sylvester in seiner Heimat und verrät ein tolles Rezept<br />
Weihnachten feiern wir in meiner Heimat Bulgarien<br />
ähnlich wie die Deutschen. Es ist vor allem ein Fest<br />
der Familie und der Nächstenliebe:<br />
Man geht in die Kirche, es gibt Geschenke und<br />
leckeres Essen. Einen Weihnachtsbaum haben wir<br />
auch, allerdings stellen wir den immer schon ein<br />
oder zwei Wochen vorher auf. In Bulgarien fasten<br />
viele Menschen 40 Tage vor Weihnachten.<br />
Am 24. Dezember gibt es dann zum Abschluss der<br />
Fastenzeit ganz bescheidenes Essen. Es werden einfach<br />
viele verschiedene Speisen auf den Tisch gestellt,<br />
ihre Anzahl muss der Tradition nach ungerade<br />
sein. Oft dabei sind Kohlrouladen, gefüllte Weinblätter<br />
oder Paprika, eingelegtes Gemüse, Trockenobst,<br />
Honig und Brot. Und natürlich fließt reichlich Wein<br />
und Schnaps (Rakia).<br />
Am 25. Dezember gibt es dann ein größeres Essen,<br />
in meiner Familie meistens Gans. Die Geschenke gibt<br />
es entweder am Abend des 24. oder am Morgen des<br />
25. Dezember. Sie werden nicht wie in Deutschland<br />
vom Christkind, sondern vom Weihnachtsmann<br />
gebracht, also dem netten alten Mann aus der Coca-<br />
Cola-Werbung. Während der kommunistischen Ära<br />
war das Weihnachtsfest in Bulgarien verboten –<br />
damals brachte uns Väterchen Frost die Geschenke<br />
am 31. Dezember.<br />
Auch heute wird Sylvester noch sehr groß gefeiert<br />
bei uns. Die wichtigste Tradition: die Banitza. Das ist<br />
ein großes Brot, von dem jeder um null Uhr ein Stück<br />
bekommt. Darin befinden sich kleine Zettelchen mit<br />
Glücksbotschaften darauf. Und einer findet in seinem<br />
Stück Brot eine Münze: Er wird im kommenden<br />
Jahr viel Geld verdienen. Letztes Jahr hatte ich dieses<br />
Glück, auf das Geld warte ich immer noch.<br />
Name:<br />
Petar Tochevski<br />
Alter:<br />
23<br />
Heimat:<br />
Haskovo in Bulgarien<br />
Beruf:<br />
Student an der RWTH<br />
Kommunikationswissenschaften,<br />
Politik<br />
und Psychologie<br />
Rezept für eine Banitza<br />
Zutaten:<br />
1 kg Mehl, 100 ml Pflanzenöl, 100 g zerschmelzte<br />
Butter, 1 Esslöffel Essig, Eier, 400 g zerbröckelter<br />
Feta-Käse, 1 Teetasse Sprudel<br />
Zubereitung: Aus dem Mehl, ein wenig Wasser (ungefähr<br />
eine halbe Teetasse), dem Essig und dem<br />
Salz wird einen weicher Teig geknetet. Dieser wird<br />
in 6 Portionen geteilt, zu kleinen Bällen geformt,<br />
mit Mehl bestäubt, mit einem Tuch abgedeckt, und<br />
gehen gelassen. Gleichzeitig wird die Füllmasse aus<br />
vier verquirlten Eiern und dem zerbröckelten Käse<br />
zubereitet. Die Teigportionen werden nacheinander<br />
ausgerollt, bis die Teigblätter eine Dicke von<br />
2 Millimetern haben.<br />
Die Teigblätter werden nacheinander in eine gefettete<br />
runde Form gegeben, wobei jedes Teigblatt<br />
mit der zerlaufenen Butter und mit einem Teil der<br />
Füllung bestrichen wird. Das letzte Teigblatt wird<br />
nur mit Fett bestrichen. Die Banitza wird mit einem<br />
scharfen Messer in Quadrate geschnitten und wird<br />
mit einem Gemisch aus 3 verquirlten Eiern und<br />
dem Sprudel übergegossen. Sie wird im vorgeheizten<br />
Backofen bei 180 Grad gebacken, bis sie<br />
sich goldbraun färbt.<br />
Die Zettel mit den Glücksbotschaften (z.B. Glück<br />
in der Liebe, Erfolg im Job, usw.) sowie die Münze<br />
sollten in Alufolie gewickelt werden, bevor man sie<br />
in das Brot steckt.<br />
Guten Appetit!<br />
Text: Petar Tochevski; Foto: imagefrombulgaria.com<br />
42 – Leben – <strong>relatif</strong>
Euregionale<br />
Die Route Charlemagne<br />
Aachen zeigt sich historisch, europäisch und wissenschaftlich<br />
Nachdem der Traum des Bauhaus Europa, welches<br />
Geschichte und Profil Aachens hinter großen Glasfronten<br />
bergen sollte, geplatzt ist, hat die Initiative<br />
EuRegionale 2008 nun einen neuen Ent wurf zu Tage<br />
gebracht: Die Route Charlemagne.<br />
Eine euregionale Idee, die genauso tri na tional wie<br />
viel-, besser dreiseitig ist: Denn Aachen ist his torisch,<br />
europäisch und wissenschaftlich zugleich. Drei<br />
Merkmale, die schon immer zu den Stärken dieser<br />
Stadt gehörten. Die RWTH liefert mit dem neuen<br />
Super C neben dem Hauptgebäude einen ganz konkreten<br />
Anhalt(s)-punkt auf dieser Route. Eine Multivisionsschau<br />
soll hier die aka de mische Seite der Stadt<br />
demonstrieren. Diese Verdichtung von Wissen und<br />
Wissenschaft soll im Früh jahr 2008 fertig gestellt<br />
sein.<br />
Was steht noch auf dem Plan? Ein kurzer Abriss:<br />
Verwaltungsgebäude (Katschhof): Zentrale Anlaufstelle.<br />
Soll Dauer- und Wechselausstellungen<br />
be herbergen, daneben sind ein erweiterter Bürger-<br />
Service und ein Café geplant.<br />
Rathaus: Hier wird es in verschiedenen Räumen<br />
Ausstellungen (u.a. über den Karlspreis) geben, im<br />
Krönungssaal werden sich Audioinstallationen befinden.<br />
Grashaus: Der neogotische Lesesaal im Anbau des<br />
Gebäudes wird zum »Euregionalen Klassen zimmer«,<br />
außerdem ist der Schwerpunkt Wirtschaft angesetzt.<br />
Kirche St. Paul: Vor einem interreligiösen Hintergrund<br />
soll Platz für Veranstaltungen in Kombination<br />
mit wechselnden Ausstellungen und Seminaren geboten<br />
werden.<br />
Euregio-Park (Platz vor St. Michael, Jesuitenstraße):<br />
Soll mit großen ab stra hier ten Dar stel lungen des Amphitheaters<br />
und des Babelturms versehen werden,<br />
die Verstehen und Missverstehen bzw. Ver ständ nis<br />
und Unverständnis symbolisieren.<br />
Weitere Anlaufstellen der Route: Haus Löwenstein,<br />
Zeitungsmuseum, Elisenbrunnen und -garten, Stadttheater<br />
Text: Stefanie Schmidt<br />
Bildquelle: www.aachen.de/bauhaus_europa/daten/tschapeller.jpg<br />
iWeitere Informationen unter:<br />
www.route-charlemagne.eu<br />
© Wolfgang Tschapeller<br />
Architekt; Wien / Österreich<br />
Es sollte nicht sein – das Bauhaus Europa wurde abgelehnt. Die Route Charlemagne wird zur Alternative<br />
<strong>relatif</strong> – Leben – 43
sport<br />
getestet: Wir gehennordic walking<br />
am Stock<br />
Drei Jungs, sechs Stöcke und der Hangeweiher –<br />
oder: Wie viele Schnecken werden eigentlich im Jahr<br />
durch <strong>No</strong>rdic Walker aufgespießt?<br />
Der Klimawandel ist eine Herausforderung für viele:<br />
Eskimos verlieren Haus und Hof, Eisfischer müssen<br />
sich Boote zulegen und Skiliftbetreiber können ihren<br />
Job an den Haken hängen. Die richtige Antwort auf<br />
den Wandel hat hingegen die Skistock-Industrie gefunden<br />
– das Stichwort lautet: <strong>No</strong>rdic Walking. Was als<br />
Marketing-Gag der Industrie geplant war, wurde von<br />
übermotivierten Sportlehrern aufgegriffen – mittlerweile<br />
laufen mehrere Millionen Deutsche mit Stöcken,<br />
um später nicht am Stock gehen zu müssen. Tante Gerda<br />
macht’s, die Dicke von gegenüber auch und sogar<br />
Oma geht jetzt ab und zu mit Opa im Park »wallken,<br />
weil dat is jut für die Gelenke«. Alles Vorurteile? Wir<br />
wollten es wissen und haben uns selbst in der neuen<br />
Trendsportart versucht – beim Einsteigerkurs des<br />
Hochschulsportzentrums.<br />
An die Stöcke, fertig, los!<br />
»So, du kriegst die 120er, für dich sind die 125er und<br />
für dich die 130er.« Fröhlich drückt Maria Sperle jedem<br />
von uns ein paar Stöcke in die Hand. Sören kann<br />
es sich nicht verkneifen: »Haben die Leute, die Müll<br />
aufsammeln gehen, nicht auch solche Stöcke mit Spitzen<br />
dran?« Maria überhört den Spruch – oder tut zumindest<br />
so – und nimmt uns mit zur Gruppe. Zehn<br />
Mädels, 20 Augenpaare und alle scheinen zu sagen:<br />
»Was zum Henker wollt ihr denn hier?« Kein Problem,<br />
nett lächeln und natürlich cool wirken – was nicht<br />
so einfach ist, denn schon beim Anlegen der Stöcke<br />
kommen wir nicht ohne Hilfestellung aus. Dann aber<br />
kann es losgehen, Runde um Runde um den Hangeweiher.<br />
»Was du machst ist der Parallelschritt, wir<br />
laufen aber im Diagonalschritt. Lauf ganz natürlich!«,<br />
sagt Maria. Die Trainerin gibt ein paar Anweisungen<br />
und erklärt die Technik, wir haben uns unauffällig<br />
schon am Ende der Gruppe eingereiht.<br />
»Gott, seid ihr peinlich.«<br />
Blöd nur, dass wir an dieser Position die Ersten sind,<br />
die die hämischen Rufe und Gesten der Jogger abbekommen.<br />
Mit zwei Extragängen im Lauftempo ziehen<br />
diese immer wieder an unserer Gruppe vorüber.<br />
Keine blöden Witze, aber Blicke getreu dem Motto:<br />
»Gott, seid ihr peinlich.« Doch nach kurzer Zeit verkraftet<br />
das ein beherzter <strong>No</strong>rdic-Walker. Unser Enthusiasmus<br />
wird dann aber spätestens durch eine joggende<br />
Gruppe Neunjähriger gebrochen, die uns mit großer<br />
Verwirrung betrachten und ebenfalls überholen.<br />
Wir halten fest: <strong>No</strong>rdic Walking ist nicht gerade ein<br />
spannungsgeladenes, aufregendes Sport-Feuerwerk.<br />
Dafür ist es entspannend, kommunikativ und mit<br />
Sicherheit schonend für die Gelenke.<br />
Text: Alexander Plitsch, Sören Helbing und Hans Christian Lüer<br />
Foto: Alexander Plitsch<br />
44 – Leben – <strong>relatif</strong>
sport<br />
Bäm, alter!<br />
der karate-test<br />
Männer, die mit der Hand Steine zerteilen, meditierende<br />
Asiaten und Chuck <strong>No</strong>rris. Diese Bilder haben<br />
wir im Kopf, als wir die Turnhalle betreten.<br />
Dann die Überraschung: Die Halle ist komplett verspiegelt<br />
und erinnert an einen Ballettsaal. Verstohlen sehen<br />
wir uns um, gehen dann zögernd auf die Jungs in Bademänteln<br />
zu. Unauffällig im Hintergrund bleiben, so<br />
haben wir uns das Karate-Probetraining vorgestellt.<br />
Einziger Haken: unser Outfit. Neongrün und knalltürkis<br />
– nur Marsmännchen würden neben den Profis<br />
im Sauna-Look mehr Blicke auf sich ziehen.<br />
Ballett statt Kamikaze<br />
Dann geht es los, und zwar barfuß. Wir laufen uns<br />
warm, kreisen mit den Armen und hüpfen seitwärts.<br />
Erst nach einer halben Stunde ist das Aufwärmen vorbei.<br />
Wir sind jetzt schon aus der Puste und haben Hitzewallungen<br />
– das kann ja heiter werden! »Kämpfen wir<br />
jetzt?«, fragt Anna gespannt. Doch zu früh gefreut:<br />
Eine weitere halbe Stunde vergeht ohne Schlagen,<br />
Brüllen und Treten. Stattdessen wälzen wir uns auf<br />
dem Boden, lockern die Hüfte und versuchen einen<br />
Spagat. »Also doch Ballett«, schießt es uns durch den<br />
Kopf. Dann eine letzte Streckübung – geschafft. Wir<br />
plumpsen zu Boden.<br />
»Alle in einer Reihe aufstellen« ruft Trainer Phillip.<br />
Also wieder hoch und brav nebeneinander aufstellen.<br />
Die Karateordnung: erst die Fortgeschrittenen, nach<br />
Gürtelfarbe sortiert, dann die Anfänger.<br />
Schlüsselwort: Körperspannung<br />
Phillip zeigt uns die Kampfposition. Wir jubeln innerlich,<br />
jetzt wird’s spannend! »Schulterbreit hinstellen,<br />
leicht in die Knie und mit den Armen Gesicht und<br />
Brustkorb schützen.« Muskeln, deren Existenz wir<br />
nur erahnt hatten, werden jetzt gebraucht – Körperspannung<br />
scheint hier das Schlüsselwort zu sein. Wir<br />
hüpfen vor und zurück, belauern uns. »Ernst bleiben,<br />
nicht lachen!«, fordert uns ein Bademantelträger auf.<br />
»Einfacher gesagt, als getan«, murmeln wir. Endlich<br />
führt uns Phillip eine Schlagtechnik vor – das wurde<br />
aber auch Zeit! Langsam aber sicher schwinden unsere<br />
Hemmungen und das Lachen bleibt aus. Konzentriert<br />
boxen wir in die Luft. Dann ist es auch schon vorbei.<br />
Wir stellen uns noch mal in einer Reihe auf, knien uns<br />
hin, verbeugen uns.<br />
Wenn wir eins beim Karateprobetraining gelernt<br />
haben, dann das: Klischees sollte man zu Hause lassen.<br />
Karate hat mehr mit Körperbeherrschung zu<br />
tun als mit Kamikazekämpfen. Unser Resümee:<br />
Hat man seine Hemmungen einmal über Bord geworfen,<br />
macht Karate richtig Spaß. Dieser Kampfsport<br />
stärkt Kondition, Körpergefühl, Muskelkraft<br />
und Haltung. Aber vor allem ist Karate kein<br />
Männersport, sondern auch für Frauen geeignet.<br />
Text: Lioba Schmid und Anna Mavrommatis<br />
Foto-Montage: Sören Helbing<br />
<strong>relatif</strong> – Leben – 45
DER Freizeit-Tipp:<br />
Zurück in die Vergangenheit<br />
Einfach mal abschalten – in der nostalgischen Elisabeth-Schwimmhalle ist das noch möglich<br />
Klausuren, Vorlesungen, Seminare und Übungen.<br />
Habt Ihr manchmal den Wunsch, dem Studiums-<br />
Alltag zu entfliehen?<br />
Dann haben wir genau den richtigen Tipp für Euch:<br />
die Elisabeth-Halle – ein Schwimmbad im Jugendstil<br />
aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Es steht<br />
mitten in der Aachener Innenstadt, in der Elisabethstraße.<br />
Der Besuch in diesem außergewöhnlichen<br />
Bad vermittelt das Gefühl, dem Alltag ein Stück<br />
entkommen zu sein. Das Elisabeth-Bad ist eine Abwechslung<br />
zu den sonst so sterilen und nüchternen<br />
Schwimmhallen in Aachen und Umgebung. Schon<br />
beim Betreten hat man das Gefühl, eine kleine Zeitreise<br />
zu machen. Rund um das Becken sind kleine<br />
Umkleidekabinen mit Vorhängen angeordnet, von<br />
welchen man direkt an das Becken gelangt. Die High-<br />
lights des Jugendstilbades sind der Neptunbrunnen<br />
im ehemaligen Männerbad und das Relief »Badende<br />
Frauen« im ehemaligen Frauenbad.<br />
Öffnungszeiten Montag: 06:30 — 18:00 Uhr<br />
dienstag: 06.30 — 21:00 Uhr<br />
mittwoch: 12:00 — 20:00 Uhr<br />
donnerstag: 06:30 — 21.00 Uhr<br />
Freitag: 06:30 — 21:00 Uhr<br />
Samstag: 07:00 — 14:00 Uhr<br />
Sonntag: geschlossen<br />
Eintrittspreis:<br />
Text: Lioba Schmid<br />
(mit Studentenrabatt) 2 Euro<br />
keine Zeitbegrenzung<br />
rabattkarten werden angeboten<br />
impressum<br />
Campus-Magazin »<strong>relatif</strong>«<br />
Homepage: www.<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de<br />
E-Mail: info@<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de<br />
Herausgeber: <strong>AStA</strong> der RWTH Aachen<br />
Turmstraße 3<br />
52072 Aachen<br />
Redaktion: Hans Christian Lüer<br />
(V.i.S.d.P)<br />
Alexander Plitsch<br />
Lioba Schmid<br />
Satz/Layout: Sören Helbing<br />
Illustration: Sören Helbing<br />
Ausgabe: 12/2007<br />
Ausgabe Nr.: 1<br />
Auflagenzahl: 1500<br />
Druck: Druckrei und Verlagsgruppe<br />
mainz GmbH<br />
Süsterfeldstraße 83<br />
52072 Aachen<br />
46 – <strong>relatif</strong>