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2015 haben wir von der Prophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen mit D-Mannose abgeraten. Basierend auf einer damals vorliegenden positiven, aber möglicherweise verzerrten offen randomisierten Studie hielten auch deren Autoren weitere Untersuchungen für erforderlich (a-t 2015; 46: 88-9). Nun liegt eine pragmatisch in der Primärversorgung durchgeführte Doppelblindstudie aus Großbritannien vor. 598 im Mittel 58 Jahre alte Frauen mit wenigstens zwei- bzw. dreimaliger Vorstellung wegen Harnwegsinfektion innerhalb der letzten sechs bzw. zwölf Monate nehmen teil.
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Nach Ocrelizumab (OCREVUS; a-t 2018; 49: 33-5) und Ofatumumab (KESIMPTA; e a-t 11/2021b) ist mit Ublituximab (BRIUMVI) seit Februar 2024 der dritte Anti-CD20-Antikörper zur immunmodulierenden Therapie Erwachsener mit aktiver schubförmiger Multipler Sklerose (MS) im Handel. Ocrelizumab darf im Unterschied zu den beiden anderen außerdem bei früher primär progredienter MS angewendet werden. Ublituximab wird wie Ocrelizumab intravenös infundiert, Ofatumumab subkutan injiziert.
EIGENSCHAFTEN: Ublituximab ist ein chimärer (humaner und muriner Anteil) monoklonaler Antikörper, der an das Oberflächenantigen CD20 bindet und damit zur Lyse CD20-positiver (B-)Zellen führt, deren Reduktion immunmodulierend wirken soll.
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Falls menopausal bedingte Hitzewallungen medikamentös behandelt werden sollen, sind Östrogene meist in Kombination mit Gestagenen der Standard. Hierzulande hatten bislang neben zweifelhaften pflanzlichen Mitteln wie Cimicifuga (REMIFEMIN, Generika) nur hormonelle Wirkstoffe eine entsprechende Zulassung. Seit Februar 2024 ist mit dem Neurokinin-3 (NK3)-Rezeptorantagonisten Fezolinetant (VEOZA) ein neues Wirkprinzip zur Behandlung moderater bis schwerer vasomotorischer Symptome (Hitzewallungen) in Verbindung mit der Menopause im Handel.
EIGENSCHAFTEN: Die Körpertemperatur wird vom Hypothalamus geregelt. Das dort gelegene thermoregulatorische Zentrum wird von Kisspeptin-, Neurokinin-B- und Dynorphin (KNDy, sprich: Candy)-Neuronen innerviert, die von Östrogen gehemmt und dem Neuropeptid Neurokinin B stimuliert werden. Neurokinin B, das in erster Linie über den Neurokinin-3-Rezeptor wirkt, soll eine wichtige Rolle bei der Entwicklung menopausaler Hitzewallungen haben. Der NK3-Antagonist Fezolinetant blockiert die Bindung von Neurokinin B an die KNDy-Neuronen.
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Infektionen durch die gramnegativen Stäbchen Listeria monocytogenes werden meist durch kontaminierte rohe Lebensmittel übertragen, beispielsweise Salat, Wurst oder Rohmilchkäse. Gefährdeten Menschen mit reduzierter Immunabwehr und Schwangeren werden unter anderem vegane Käsezubereitungen empfohlen. Französische Autoren informieren jetzt über insgesamt acht schwerwiegende invasive Listeriosen, die innerhalb weniger Monate in Frankreich (n = 5), Belgien, Deutschland und den Niederlanden in Verbindung mit veganem Käse bekannt geworden sind.
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Im Juli 2023 hat die europäische Arzneimittelagentur EMA mitgeteilt, dass der europäische Pharmakovigilanzausschuss PRAC auf Veranlassung der isländischen Arzneimittelbehörde ein Risikosignal für Suizidalität in Verbindung mit GLP-1-Agonisten wie Liraglutid (SAXENDA, VICTOZA) prüft und dafür unter anderem 150 entsprechende Verdachtsmeldungen auswertet. Jetzt liegt das Ergebnis vor: Nach Einschätzung des PRAC weisen die derzeit verfügbaren Daten nicht auf einen Kausalzusammenhang zwischen der Anwendung der Inkretinmimetika und suizidalen oder selbstverletzenden Gedanken oder Handlungen hin. Neben Spontanberichten hat der Ausschuss für seine Bewertung zwei Kohortenstudien herangezogen.
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Die großen Studien zum mortalitätssenkenden Nutzen der Langzeittherapie mit Betablockern nach akutem Herzinfarkt wurden überwiegend Mitte der 1970er und Anfang der 1980er Jahre publiziert. Sie stammen somit aus einer Zeit, bevor die akute Revaskularisierungstherapie, inzwischen vor allem mittels perkutaner Koronarintervention (PCI), Standard wurde und als es die heutige antithrombotische und Statintherapie noch nicht gab. Ausnahme ist die 20 Jahre später veröffentlichte CAPRICORN-Studie, die allerdings nur Herzinfarktpatienten mit linksventrikulärer Auswurffraktion von höchstens 40% aufgenommen hat.
Zum Stellenwert der Betablockade im Rahmen der modernen Infarkttherapie bei Patienten ohne eingeschränkte linksventrikuläre Auswurffraktion fehlen dagegen aussagekräftige Daten. Beobachtungsstudien zur Frage kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
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Morbus DUPUYTREN ist eine langsam fortschreitende Erkrankung des Bindegewebes der Hohlhand mit möglicher Ausbildung von Beugekontrakturen betroffener Finger. In einer pragmatischen multizentrischen Studie (DETECT) werden nun erstmals
drei Behandlungsstrategien randomisiert verglichen. Die 302 Teilnehmenden (81% Männer) sind im Mittel 65 bis 66 Jahre alt, haben ein bislang unbehandeltes Streckdefizit von mindestens 20° (Grund- und/oder Mittelgelenk mindestens eines Fingers, abgesehen vom Daumen), maximal 135° Beugekontraktur (durchschnittlich 61° bis 65°) und einen tastbaren Bindegewebsstrang. Sie werden entweder offen chirurgischer Entfernung von erkranktem Gewebe (limitierte Fasziektomie), Injektion von Kollagenase (XIAPEX, seit 2012 hierzulande außer Handel; a-t 2012; 43: 13-4) oder perkutaner Nadelfasziotomie (Durchstechung des Strangs mit Kanüle) zugeteilt.
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In der DEGAM-Leitlinie zur chronischen Gicht wird Vitamin C als mögliche Behandlungsoption der Hyperurikämie erwähnt. Ihre Einschätzung würde mich interessieren.
N.N. (Name etc. in a-t 4/2024 genannt)
Nach der 2020 publizierten S2e-Leitlinie „Häufige Gichtanfälle und chronische Gicht“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) „könnte“ zur Senkung des Harnsäurespiegels in Einzelfällen eine Vitamin-C-Einnahme erwogen werden. Eine Dosierung von täglich 500 mg (mittlere Dosis in Studien) gelte dabei als sicher. Die Autoren halten jedoch fest, dass unklar ist, ob darunter weniger Gichtanfälle auftreten und, wenn ja, nach welcher Behandlungsdauer damit zu rechnen ist. Der Effekt auf den Harnsäurespiegel sei zudem klein.
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Die kanadische Arzneimittelbehörde Health Canada weist aktuell auf mögliche Leberschäden und schwerwiegende Hautreaktionen unter dem Lipidsenker Ezetimib (EZETROL, Generika) hin. Sie stützt sich dabei auf eine Auswertung internationaler Sicherheitsdaten, bei der 42 Verdachtsberichte über Leberschäden identifiziert wurden, darunter ein kanadischer Bericht unter Monotherapie.
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Seit November 2023 wird der GLP-1- und GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Polypeptid)-Rezeptoragonist Tirzepatid (MOUNJARO; a-t 2023; 54: 91-2) in Deutschland als Antidiabetikum angeboten. Seit Dezember 2023 ist er auch als Zusatz zu Lebensstilveränderungen zur Gewichtsabnahme Erwachsener zugelassen, bei Adipositas (Body-Mass-Index [BMI] ≥ 30 kg/m) oder bei Übergewicht mit einem BMI ab 27 kg/m in Kombination mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung. Damit ist Tirzepatid nach den reinen GLP-1-Agonisten Semaglutid (WEGOVY; a-t 2023; 54: 57-61) und Liraglutid (SAXENDA; a-t 2016; 47: 47-8) das dritte inkretinbasierte Antiadipositum im Handel.
EIGENSCHAFTEN: GLP-1- und GIP-Rezeptoren sollen unter anderem in Bereichen des Gehirns exprimiert werden, die für die Appetitregulierung wichtig sind. GLP-1 wird als physiologischer Regulator des Appetits und der Kalorienaufnahme angesehen. Nichtklinische Studien deuten darauf hin, dass der Zusatz von GIP einen Beitrag zur Regulierung der Nahrungsaufnahme leisten könnte.
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Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) spricht eine starke Empfehlung gegen („soll nicht“) den routinemäßigen Einsatz einer dualen Plättchenhemmung bei akutem ischämischen Schlaganfall aus und nur eine offene Empfehlung („kann“) für ausgewählte Patienten mit „leichten“ ischämischen Insulten oder transitorisch ischämischen Attacken (TIA) mit hohem Schlaganfallrisiko, die keine systemische Thrombolyse oder endovaskuläre Therapie erhalten haben. Sie verwendet bewusst nicht die etablierte NIHSS -Skala, konkretisiert aber auch nicht, was sie unter „leicht“ versteht. Internationale Leitlinien geben dagegen eine starke Empfehlung („soll“) für eine duale Therapie mit Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN N, Generika) und Clopidogrel (PLAVIX, Generika), wenn bei Symptombeginn vor maximal 24 Stunden ein milder ischämischer Schlaganfall mit Punktwerten von 0 bis 3 gemäß NIHSS ohne Indikation zur Thrombolyse wegen „behindernder“ Symptome vorliegt oder eine TIA mit erhöhtem Schlaganfallrisiko (Punktwert im ABCD-Score ≥ 4).
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Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic informiert über Beschränkungen bei fenchelhaltigen Arzneimitteln, denen traditionsgemäß unter anderem bei leichten Magen-Darm-Beschwerden entblähende und krampflösende Eigenschaften zugeschrieben werden. Schwangere und Stillende sollen demnach keinen Fencheltee und auch keine anderen Arzneimittel mit Fenchel zusich nehmen, Kinder unter vier Jahren nur in Absprache mit Ärzten oder Apothekern.
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Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic stuft die Fett-weg-Spritze LEMON BOTTLE – auch „Zitronenflasche“ genannt – als illegales Arzneimittel ein. Die Injektionslösung zur Lipolyse wird im Internet sowie in sozialen Medien wie TikTok und Instagram als „natürliches Produkt“ und Alternative zur Fettabsaugung bei Fettablagerungen an so genannten Problemzonen wie Doppelkinn, Oberschenkel u.a. angepriesen. Die medizinische Wirksamkeit von LEMON BOTTLE ist wissenschaftlich nicht belegt.
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In den letzten Wochen wurden wir mehrfach gefragt, ob die Anwendung von Parazetamol (BEN-U-RON, Generika) zur Linderung von Fieber und Schmerzen bei Säuglingen und Kindern das Risiko für Autismus erhöhen kann. Hintergrund ist ein Anfang 2024 publiziertes Review, in dem die Autoren „ohne begründeten Zweifel und ohne Beweise für das Gegenteil zu dem Schluss kommen, dass die Exposition empfindlicher Babys und Kinder gegenüber Parazetamol viele, wenn nicht sogar die meisten Autismus-Spektrum-Störungen verursacht.“ Die Evidenz für einen Kausalzusammenhang stufen sie als „überwältigend“ ein. Die als Beleg herangezogenen Daten sind allerdings alles andere als überzeugend:
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Mit dem Ende März 2024 vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf des Medizinforschungsgesetzes (MFG) kommt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) langjährigen Forderungen der Pharmaindustrie entgegen. Das Gesetz soll die Rahmenbedingungen für den Forschungsstandort Deutschland verbessern. Einer der umstrittenen und inzwischen viel kritisierten Aspekte des Entwurfs ist das Vorhaben, Anbietern neu zugelassener patentgeschützter Arzneimittel eine Option auf Vertraulichkeit über die mit dem GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungsbeträge einzuräumen. Der Gesetzgeber vertraut dabei der Behauptung der pharmazeutischen Industrie, dass Anbieter hierzulande höhere Preisabschläge einräumen könnten, wenn die ausgehandelten Erstattungsbeträge geheim blieben. Für diesen Mechanismus finden wir keine Evidenz.
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Als „die erste Hilfe für die Augen“ zur Behandlung von Bindehaut- und Lidrandentzündung bewirbt die Firma Théa Pharma die seit Oktober 2023 angebotenen ZAMIDINE Augentropfen. Die vier- bis sechsmal täglich anzuwendenden Tropfen enthalten Hexamidin (0,69 mg/ml ), ein Antiseptikum, das seit Jahren als Rachenspray (LARYNGOMEDIN N) im Handel ist. Zugelassen sind die Tropfen zur Behandlung der eitrigen bakteriellen Konjunktivitis, infektiösen Keratokonjunktivitis oder Blepharitis und chronischen Entzündung der Tränensäcke, jeweils verursacht durch Hexamidin-empfindliche Mikroorganismen, sowie als präoperatives Antiseptikum der Bindehautsäcke. In vitro wirkt Hexamidin auf grampositive Bakterien, nicht aber gegen gramnegative.
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Wegen Bedenken hinsichtlich der kardiovaskulären Sicherheit von Testosteron hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA 2015 von den Anbietern eine Sicherheitsstudie gefordert (a-t 2015; 46: 32). Diese randomisierte doppelblinde Untersuchung (TRAVERSE) ist nun publiziert – inklusive Substudien auch zur Wirksamkeit. 5.246 Männer im Alter von 45 bis 80 Jahren (im Mittel 63 Jahre) mit kardiovaskulärer Erkrankung oder hohem Risiko dafür nehmen teil. Sie müssen wenigstens ein Symptom eines Hypogonadismus berichten, wobei bereits verringerte Energie oder ein Stimmungstief ausreichen. Zudem muss der Testosteronspiegel zweimal (nüchtern gemessen) unter 300 ng/dl liegen. Bezogen auf einen harmonisierten Referenzbereich von 264 ng/dl bis 916 ng/dl für nichtadipöse junge Männer kann dieser somit im Normbereich liegen.
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Isotretinoin per os (ISOTRETINOIN-RATIOPHARM u.a.) wirkt gut gegen Akne, ist jedoch wegen zahlreicher, zum Teil schwerer bis lebensbedrohlicher Schadwirkungen wie Suizidalität (a-t 2005; 36: 92) oder Rhabdomyolyse (a-t 2012; 43: 39) sowie starker Teratogenität nur als Reservemittel bei schwerer Akne nach Versagen von Standardtherapien (lokale Behandlungen und Antibiotika per os) zugelassen. Es ist während der Schwangerschaft streng kontraindiziert und darf gebärfähigen Frauen nur verschrieben werden, wenn alle Punkte des Schwangerschaftsverhütungsprogramms nachweislich verstanden und erfüllt worden sind.
Laut einer kürzlich publizierten, vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geförderten Studie, die auf deutschen Abrechnungsdaten basiert, nehmen hierzulande jedoch immer mehr junge Frauen Isotretinoin ein:
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In unseren Bewertungen der zur Tabakentwöhnung zugelassenen Arzneimittel empfehlen wir – bei allerdings insgesamt niedrigen Erfolgsraten – vorrangig Nikotinersatz, sofern ein medikamentöser Therapieversuch infrage kommt. Bupropion(ZYBAN, seit März 2023 außer Handel) stuften wir als Reserve ein (a-t 2012; 43: 59-61), von den Nikotinrezeptoragonisten Cytisin (ASMOKEN) und Vareniclin (CHAMPIX; derzeit nicht lieferbar*) rieten wir aufgrund unzureichender Datenlage (Cytisin) bzw. wegen des Risikos für unerwünschte Effekte wie neuropsychiatrische Ereignisse einschließlich Suizidalität und kardiovaskuläre Risiken ab (a-t 2016; 47: 49; e a-t 1/2022a).
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Vareniclin ist im Juli 2021 aufgrund Verunreinigung mit N-Nitroso-Vareniclin zurückgerufen worden. Der Anbieter arbeitet nach wie vor an einer Reformulierung des Mittels. Es ist unklar, wann Vareniclin wieder im Handel sein wird.
Alle in Deutschland zur Raucherentwöhnung zugelassenen Mittel sind derzeit als so genannte Lifestyle-Arzneimittel von der Verordnung zu Lasten der GKV ausgeschlossen und müssen von den Anwendern selbst bezahlt werden. Im Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) wurde jedoch bereits 2021 festgelegt, dass „Versicherte, bei denen eine schwereTabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung“ haben sollen.
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Nach Dupilumab (DUPIXENT; a-t 2018; 49: 2-4, 13) und Tralokinumab (ADTRALZA; a-t 2021; 52: 65-6) ist seit Dezember 2023 mit Lebrikizumab (EBGLYSS) das dritte Biologikum zur systemischen Therapie der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren im Handel. Anders als die beiden anderen darf es erst ab einem Körpergewicht von 40 kg verwendet werden. Dupilumab ist zusätzlich auch für Kinder ab 6 Monaten mit schwerer Neurodermitis zugelassen.
EIGENSCHAFTEN: Lebrikizumab ist ein rekombinanter humaner monoklonaler IgG4-Antikörper, der wie Tralokinumab durch selektive Bindung an Interleukin (IL)-13 nachgeschaltete Signalwege blockiert, denen eine Schlüsselrolle bei entzündlichen Erkrankungen vom Typ 2 wie der atopischen Dermatitis zugeschrieben wird. Dupilumab hemmt neben IL-13 auch IL-4.
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Seit Herbst 2023 stehen in Deutschland mit ABRYSVO und AREXVY zwei Impfstoffe zur Prophylaxe einer Infektion mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) für Erwachsene ab 60 Jahre zur Verfügung. Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) gibt es bislang nicht, sodass beide derzeit in der Regel nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden können (a-t 2023; 54: 73-5).
In den USA sind beide Vakzinen bereits seit Mai 2023 zugelassen, seit Juni 2023 werden sie für Personen ab 60 Jahre auf individueller Basis nach gemeinsamer Entscheidung mit dem Arzt empfohlen. Bei einer Tagung der US-amerikanischen Impfkommission ACIP Ende Februar 2024 werden nun erstmals Auswertungen von Sicherheitsdaten aus der Routineanwendung bei älteren Menschen bekannt.
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Die Ursachen von Beschwerden oder einer Erkrankung sind bisweilen schwer auszumachen. Besondere Probleme können dabei Arzneimittel-bedingte Störungen bereiten – vor allem, wenn in den Produktinformationen entsprechende Hinweise fehlen. So dauert es mitunter Jahre oder Jahrzehnte, bis erkannt wird, dass eine Erkrankung von einem Arzneimittel ausgelöst worden ist, und bis in den Produktinformationen darauf hingewiesen wird.
Eine Schlüsselerfahrung liegt 40 Jahre zurück: 1984 berichtet uns ein Kollege über unproduktiven Husten, der bei mehreren Patienten bereits seit 3 bis 14 Monaten anhält. Umfangreiche Diagnostik bleibt ohne Klärung. Nach Absetzen von Captopril (CAPTOPRIL AL u.a.) bzw. Enalapril (XANEF, Generika) klingen die quälenden Beschwerden jedoch rasch ab (a-t 1985; Nr. 1: 7 und Nr. 4: 31). Nahezu gleichzeitig werden weitere Berichte über unstillbaren Husten unter ACE-Hemmern publiziert. Obwohl ACE-Hemmer-bedingter unproduktiver Husten – wie man heute weiß – sogar „sehr häufig“ auftreten kann (also bei mindestens 10 von 100 Behandelten), hat es viereinhalb Jahre nach der Markteinführung des ersten Abkömmlings gedauert, bis die Störwirkung auf die Arzneimitteltherapie zurückgeführt worden ist.
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Per Rote-Hand-Brief informieren die Anbieter über neue Daten zum bislang unzureichend bekannten Risiko venöser Thromboembolien (VTE) von Ethinylestradiol (EE)- plus Chlormadinon-haltigen Kontrazeptiva (BELARA u.a., a-t 2019; 50: 14-5). Nach einer unveröffentlichten Auswertung von gepoolten Daten aus vier Kohortenstudien (RIVET-RCS) ist die Gefährdung im Vergleich zur Referenzkombination EE plus Levonorgestrel (ROSALINA u.a.) numerisch 1,25-fach erhöht (Hazard Ratio 1,25; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,72-2,14).
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Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat im Februar 2024 die Zulassung des Peptid-konjugierten Alkylans Melphalanflufenamid (Melflufen; PEPAXTO, hierzulande PEPAXTI) nach Anhörung des Anbieters Oncopeptides endgültig widerrufen. Die Melphalanvariante wurde in den USA und wird hierzulande für Patienten mit multiplem Myelom angeboten, die gegen mindestens drei Therapielinien refraktär sind. Die Entscheidung der FDA stützt sich auf eine konfirmatorische Studie (OCEAN-Studie), die als Auflage der beschleunigten Zulassung des Präparates durchgeführt werden musste.
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Diezur Blockade der Schilddrüse, bei Schilddrüsenüberfunktion sowie im Bereich der bildgebenden Diagnostik verwendete Natriumperchlorat-Lösung (IRENAT) ist – so eine gemeinsame Stellungnahme von drei Fachgesellschaften – „in vielen klinischen und therapeutischen Szenarien alternativlos“. Seit Ende 2023 ist das seit 2014 von Alliance (Irland) – zuvor von Bayer – vertriebene Präparat jedoch nicht lieferbar, weil der Anbieter den Verkauf aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt hat. Es soll zu dem bisherigen Herstellerabgabepreis, der durch gesetzliche Rahmenbedingungen begrenzt ist, nicht mehr hergestellt werden können.
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2013 wurde in Deutschland neben den damals üblichen trivalenten Grippeimpfstoffen erstmals auch eine tetravalente Vakzine angeboten (e a-t 8/2013). Diese enthält zusätzlich zu zwei Influenza-A-Stämmen und einem Influenza-B-Stamm eine weitere B-Linie. Seit 2018 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), für die Immunisierung gegen Influenza statt trivalenten tetravalente Vakzinen zu verwenden (a-t 2018; 49: 1-2). Inzwischen sind hierzulande ausschließlich viervalente Impfstoffe im Handel.
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Seit 2017 können in Deutschland bei schwerwiegenden Erkrankungen unter bestimmten Bedingungen Cannabis bzw. cannabisbasierte Arzneimittel off label zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen verordnet werden
(a-t 2017; 48: 91-2). Der häufigste Verschreibungsgrund dürften (chronische) Schmerzen sein. Allerdings ist die Wirksamkeit von Cannabinoiden in der Schmerztherapie mangels hochwertiger Studien umstritten.
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Die britische Arzneimittelbehörde MHRA warnt vor Überempfindlichkeitsreaktionen unter Vitamin-B12-Substitution bei gleichzeitig bestehender Kobaltallergie. Der Behörde liegen mittlerweile drei entsprechende Verdachtsberichte vor.
Vitamin-B12-Mangel, der durch Ernährung nicht behoben werden kann, wird mittels Cyanocobalamin (VITAMIN B12 JENAPHARM u.a.) oder Hydroxocobalamin (LOPHAKOMP B12 u.a.) behandelt. Beide enthalten Kobalt als Zentralatom, daher auch die Bezeichnung „-cobalamin“.
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Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA warnt aktuell vor schwerer Hypokalzämie bei Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung, insbesondere bei Dialysepatienten, die mit dem Antikörper Denosumab (PROLIA; a-t 2010; 41: 60-2) wegen Osteoporose behandelt werden. Hierzulande wird in der Fachinformation von PROLIA zwar bereits seit Jahren vor schwerer Hypokalzämie einschließlich tödlichem Ausgang gewarnt und auf das erhöhte Risiko bei schwerer Nierenfunktionsstörung sowie die dann nötige regelmäßige Überwachung hingewiesen, jedoch ohne konkrete Angaben zur Häufigkeit bei Niereninsuffizienz.
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Beisymptomatischer Cholezystolithiasis empfehlen Leitlinien in der Regel eine Cholezystektomie (moderater bis starker Empfehlungsgrad). Allerdings soll etwa bis zu jeder dritte operierte Patient persistierende Schmerzen haben. Eine pragmatische multizentrische Studie aus Großbritannien (C-GALL) vergleicht nun zwei Behandungsregime: 434 im Durchschnitt 50 bis 51 Jahre alte Erwachsene (79% Frauen), elektiv überwiesen mit symptomatischen unkomplizierten Gallensteinen, werden randomisiert entweder einem operativen (laparoskopische Cholezystektomie) oder konservativen Prozedere (Beobachtung, Schmerztherapie, Diätratgeber) zugeteilt.
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Ausgelöst durch Verdachtsberichte über Herpes zoster bzw. Zoster-ähnliche Hauterscheinungen nach Impfung mit dem Varizella-zoster-Totimpfstoff SHINGRIX (a-t 2020; 51: 30-1) startete das Paul-Ehrlich-Institut als zuständige Bundesoberbehörde 2020 eine Studie mit der Frage, ob es sich dabei um impfinduzierten Herpes zoster handeln könnte.
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Vor kurzem war wieder ein großer Artikel in der WAZ bezüglich deutlich erhöhtem Demenzrisiko unter Protonenpumpenhemmern (PPI), welches in einer Studie festgestellt worden sei ... Natürlich bombardieren einen die Patienten jetzt mit Fragen zu dieser Situation und meiner Meinung. Abgesehen davon, dass man die Indikation für PPI sowieso überprüfen sollte, wie ist Ihre Einschätzung?
N.N. (Name etc. in a-t 2/2024 genannt)
Unseres Wissens liegen derzeit 28 Beobachtungsstudien vor, überwiegend Kohorten- oder Fallkontrollstudien auf der Basis von Versicherungsdaten oder anderer Datenbanken wie nationaler Register, in denen das Demenzrisiko unter Protonenpumpenhemmern (PPI) im Vergleich mit Nichtanwendung geprüft wird. Einige Beobachtungsstudien untersuchen zusätzlich das Risiko unter H2-Antagonisten oder vergleichen die beiden Säureblockerklassen in dieser Frage. In anderen Arbeiten werden PPI- und Nichtanwender zudem kognitiven Tests unterzogen. In einer Reihe von systematischen Reviews und Metaanalysen wird die Evidenz zusammengefasst. Zwei der Kohortenstudien, deren Populationen sich allerdings überlappen, stammen aus einem hiesigen, vom Gemeinsamen Bundesausschuss geförderten Forschungsprojekt, in dessen Rahmen auch andere Untersuchungen und eine Metaanalyse zum Thema durchgeführt wurden.
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Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist einer der bedeutendsten Auslöser von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen und Kleinkindern und kann vor allem in den ersten Lebensmonaten, Bronchiolitiden und Pneumonien hervorrufen, insbesondere bei Vorliegen von Risikofaktoren wie Frühgeburtlichkeit (siehe Kasten in a-t 2023; 54: 81-4). Für Risikokinder ist seit 1999 der monoklonale Antikörper Palivizumab (SYNAGIS) zur Prävention schwerer krankenhauspflichtiger RSV-Erkrankungen zugelassen. Seit Herbst 2023 wird zudem mit Nirsevimab (BEYFORTUS, a-t 2024; 55: 5-6 u.a.) ein weiterer monoklonaler Antikörper angeboten, der zur Prophylaxe von RSV-Infektionen der unteren Atemwege bei allen Säuglingen während ihrer ersten RSV-Saison angewendet werden darf. Alternativ steht seit 2023 der RSV-Impfstoff ABRYSVO zur Verfügung, der durch eine Immunisierung von Müttern zwischen den Schwangerschaftswochen 24 und 36 den Säuglingen ab der Geburt bis zum Alter von sechs Monaten ebenfalls einen passiven Schutz vor RSV-bedingten unteren Atemwegserkrankungen bieten soll.
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Die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker macht auf drei Verdachtsmeldungen seit Mitte 2022 zu Missbrauch von Tropicamid-Augentropfen (MYDRIATICUM STULLN) aufmerksam. In Apotheken wurden gefälschte Privatrezepte über große Mengen des zur diagnostischen Pupillenerweiterung zugelassenen Anticholinergikums vorgelegt. Über das Internet kann das hierzulande verschreibungspflichtige Tropicamid zudem relativ leicht beschafft werden.
Seit mehr als einem Jahrzehnt ist bekannt, dass Tropicamid-Augentropfen missbräuchlich intravenös injiziert werden, um stimulierende, euphorisierende und halluzinogene Effekte zu erzielen.
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Anfang Januar erreichte mich eine Werbezusendung von Novartis zu Sacubitril/Valsartan (ENTRESTO) bei Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion. Die Firma bezieht sich darin auf eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, in der „fünf namhafte Autoren“ Handlungsempfehlungen geben. Danach wird der primäre Einsatz von Sacubitril/Valsartan ohne zwingende Vorbehandlung mit einem ACE-Hemmer oder AT-II-Blocker in „allen aktuellen Leitlinien“ empfohlen. Zudem soll eine Rückumstellung vermieden werden: Eine Umstellung von Sacubitril/Valsartan zurück auf einen ACE-Hemmer oder AT-II-Blocker ist demzufolge – außer bei Unverträglichkeit oder Nichtansprechen – „in Anbetracht der Evidenz nicht begründbar“. Können Sie diese Aussagen einer kritischen Analyse unterziehen?
Die Molekülverbindung aus Sacubitril und Valsartan (ENTRESTO), einem Angiotensin-Rezeptor- und einem Neprilysin-Inhibitor („ARNI“), ist seit 2016 bei Erwachsenen „zur Behandlung einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion“ zugelassen. Das breit formulierte Anwendungsgebiet lässt auch den primären Einsatz von Sacubitril/Valsartan zu, ohne Vorbehandlung mit einem ACE-Hemmer oder AT-II-Blocker. Dies spiegelt jedoch nicht die Datenlage für das Patientenkollektiv wider, das im Rahmen der Zulassungsstudie untersucht wurde: Sacubitril/Valsartan reduziert in PARADIGM-HF gegenüber Enalapril (XANEF, Generika) Sterblichkeit und Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz bei Patienten, die trotz adäquat dosierter ACE-Hemmer oder AT-II-Blocker und Betablocker weiter symptomatisch sind (a-t 2016; 47: 1-4). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Sacubitril/Valsartan gegenüber ACE-Hemmern – jeweils in Kombination mit Betablockern – zwar einen Zusatznutzen bescheinigt. Er weist in den Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung jedoch darauf hin, dass der Zusatznutzen nur für Patienten gilt, die zuvor mit ACE-Hemmern oder AT-II-Blockern unzureichend behandelt waren.
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Seit 2019 die erste Ver ffentlichung ber die Diagnose einer Mycosis fungoides, der h ufigsten Form des kutanen T-Zell-Lymphoms, unter der Therapie mit dem Interleukin-4-und -13-Hemmer Dupilumab (DUPIXENT; a-t 2018; 49: 2-4, 13) gegen atopische Dermatitis erschienen ist, mehren sich entsprechende Berichte, darunter auch deutliches Fortschreiten einer off label mit Dupilumab behandelten Mycosis fungoides. Strittig ist derzeit, ob berhaupt ein Zusammenhang mit Dupilumab besteht und wenn ja, ob Dupilumab die maligne Transformation f rdert, die allerdings auch ohne den Antik rper insbesondere bei schwerer Neurodermitis ein gewisses Risiko darstellt, oder ob ein als atopische Dermatitis fehldiagnostiziertes kutanes T-Zell-Lymphom bereits vor Therapiebeginn vorlag, das durch Dupilumab demaskiert und/oder in seiner Entwicklung beschleunigt wird. Im Fr hstadium kann eine Mycosis fungoides wie eine gutartige entz ndliche Dermatose erscheinen, und auch die charakteristischen histologischen Merkmale k nnen fehlen.
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In Zentraleuropa wird jeder vierte bis fünfte vermeidbare vorzeitige Todesfall auf Ernährungsfaktoren zurückgeführt, unter anderem auf hochverarbeitete Lebensmittel, die reich an Natrium, Fett und Zucker sind. Exzessiver Genuss hoher Zuckermengen und die damit verbundene beträchtliche Kalorienzufuhr fördern Gewichtszunahme und haben ein erhöhtes Risiko von nichtübertragbaren Krankheiten wie koronare Herzkrankheit, Typ-2-Diabetes und Zahnkaries sowie eine Zunahme der Mortalität zur Folge. Mit Zucker (meist Maissirup mit hohem Fruktosegehalt und Saccharose) gesüßte Getränke (z.B. Softdrinks) sättigen weniger als zuckerhaltige feste Speisen und sind ein wesentlicher Ansatzpunkt für gesundheitspolitische Steuerungsversuche. Die Weltgesundheitsorganisation WHO setzt auf fiskalische Maßnahmen, um den Gebrauch ungesunder Getränke einzudämmen.
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Die S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom empfiehlt bei Erwachsenen neben nichtmedikamentösen Maßnahmen das Antidepressivum Amitriptylin (AMINEURIN u.a.) als eine von mehreren medikamentösen Optionen. Dessen Wirkung könnte laut Leitlinie – unabhängig vom antidepressiven Effekt – auch auf der verlängerten gastrointestinalen Transitzeit und der Schmerzlinderung beruhen. Daher empfiehlt die Leitlinie die „zielgerichtete, symptomorientierte“ Anwendung bei Bauchschmerzen und „globaler“ Symptomatik (z.B. Diarrhö, Völlegefühl), außer bei Obstipation. Dies sei von der Zulassung „bei chronischen Schmerzen im Rahmen eines Gesamtkonzepts“ gedeckt, die allerdings seit Jahren gestrichen ist. Die Anwendung ist somit off-label.
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Der seit Herbst 2023 angebotene monoklonale Antikörper Nirsevimab (BEYFORTUS) ist zur Prophylaxe von Erkrankungen der unteren Atemwege durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) bei Neugeborenen und Säuglingen während ihrer ersten RSV-Saison zugelassen. Eine Minderung RSV-bedingter Krankenhausaufnahmen und schwerer Verläufe durch Nirsevimab war bei gesunden späten früh- und reifgeborenen Kindern – anders als bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter zwischen 29 und 34 Wochen – bislang nicht hinreichend gesichert (a-t 2023; 54: 81-4). Aktuell wird die randomisierte offene pragmatische HARMONIE-Studie publiziert, in der 8.058 gesunde Säuglinge mit einem Gestationsalter von mindestens 29 Wochen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien vor oder während ihrer ersten RSV-Saison im Herbst/Winter 2022/23 einmalig Nirsevimab intramuskulär oder keine Prophylaxe erhalten.
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Kürzlich haben wir über die NOAH-AFNET-6-Studie berichtet, die bei Personen mit atrialen Hochfrequenzepisoden („atrial high-rate episodes“, AHRE) zur Schlaganfallprophylaxe eine Antikoagulation mit Edoxaban (LIXIANA) prüft und wegen Zunahme schwerer Blutungen ohne Hinweis für einen Nutzen im Vergleich zu Plazebo vorzeitig gestoppt wird (a-t 2023; 54: 78-9). Die aktuell publizierte randomisierte Doppelblindstudie ARTESIA vergleicht bei einem ähnlichen Patientenkollektiv Apixaban (ELIQUIS) mit Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN, Generika) und findet eine Reduktion von Schlaganfällen – allerdings ebenfalls unter Zunahme schwerer Blutungen.
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2021 sahen wir für nasales Esketamin (SPRAVATO) wegen unzureichender Wirksamkeitsdaten sowie zahlreicher Risikosignale keinen Stellenwert außerhalb klinischer Studien. Das Spray ist in Kombination mit einem selektiven Serotonin- oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI bzw. SNRI) zur Behandlung Erwachsener mit therapieresistenter Depression zugelassen, die in der aktuellen mittelgradigen bis schweren Episode auf mindestens zwei unterschiedliche Therapien mit Antidepressiva nicht angesprochen haben (a-t 2021; 52: 66-7). Wegen des Missbrauchspotenzials darf Esketamin-Nasenspray nur unter Aufsicht angewendet werden, wegen möglicher neuropsychiatrischer Störwirkungen und erhöhten Blutdrucks nur mit Nachbeobachtung in einem geeigneten medizinischen Umfeld. Die nationale Versorgungsleitlinie listet es in der Indikation mit offenem Empfehlungsgrad („kann verwendet werden“).
Mittlerweile liegt mit der offenen randomisierten multizentrischen ESCAPE-TRD-Studie der erste Direktvergleich von Esketamin mit einem bei therapieresistenter Depression ebenfalls zugelassenen Mittel vor, dem „atypischen“ Neuroleptikum Quetiapin (als Retard, SEROQUEL PROLONG, Generika).
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Seit September 2023 empfiehlt die Ständige Impfkommission den 20-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff APEXXNAR (a-t 2022; 53: 76-7) als Standardimpfung für Personen ab 60 Jahre. Darüber hinaus sieht sie die Vakzine als Indikationsimpfung für Personen ab 18 Jahre mit bestimmten Risikofaktoren für schwere Pneumokokkenerkrankungen vor, so etwa bei angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder bei bestimmten beruflichen Tätigkeiten wie Schweißen. Bei früherer Immunisierung mit dem bis September 2023 empfohlenen 23-valenten Polysaccharidimpfstoff PNEUMOVAX 23 soll in einem Mindestabstand von sechs Jahren nach der 23-valenten mit der 20-valenten Vakzine geimpft werden, bei ausgeprägter Immundefizienz ggf. bereits nach einem Jahr. Zur Notwendigkeit einer Wiederholung der Impfung mit der 20-valenten Vakzine wird aufgrund fehlender Daten keine Empfehlung gegeben. Der 23-valente Polysaccharidimpfstoff ist nunmehr nur noch für die sequenzielle Indikationsimpfung bei Kindern und Jugendlichen vorgesehen.
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Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen bei Einnahme des Antiepileptikums Valproinsäure (ERGENYL, Generika) in der Schwangerschaft sind schon länger bekannt (a-t 2018; 49: 30-1 u.a.). Nun empfiehlt der Pharmakovigilanzausschuss der europäischen Arzneimittelagentur EMA (PRAC) Maßnahmen zur Risikominimierung auch bei Männern.
Zu Grunde liegt eine bislang nicht publizierte retrospektive Beobachtungsstudie, die auf Registern aus Dänemark, Norwegen und Schweden basiert.
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Alopecia areata ist ein immunvermittelter Haarausfall, der von einzelnen haarlosen Arealen bis zu einem vollständigen Verlust der Kopf- (Alopecia totalis) und Körperbehaarung (Alopecia universalis) reichen kann (zu Hintergrund und Therapieoptionen siehe a-t 2022; 53: 69). Seit 2022 darf der Januskinase (JAK)-Hemmer Baricitinib (OLUMIANT), der zuvor bereits bei rheumatoider Arthritis und atopischer Dermatitis zugelassen war, auch bei Erwachsenen mit schwerer Alopecia areata angewendet werden (a-t 2022; 53: 67-8). Jetzt kommt mit Ritlecitinib (LITFULO) ein weiterer JAK-Hemmer zur Behandlung von Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit schwerer Alopecia areata in den Handel.
EIGENSCHAFTEN: Ritlecitinib ist ein irreversibler selektiver Inhibitor von JAK3 und den Tyrosinkinasen der TEC -Familie. Es blockiert die Interleukine IL-2, -4, -7, -15 und -21 und verringert zudem die zytolytische Aktivität von natürlichen Killer- und CD8+-T-Zellen. Diese Signalwege sollen an der Pathogenese der Alopecia areata beteiligt sein. Die Bedeutung der selektiven Hemmung einer bestimmten JAK-Isoform für die therapeutische Wirksamkeit bei Alopecia areata ist allerdings unklar. Baricitinib wirkt vorrangig auf JAK1 und -2.
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