Inhalt der aktuellen Ausgabe 01/2024
Inhalt
Aufsätze
Die Studie setzt bei einem doppelten Desiderat an. Mittelalterlich episches Erzählen entspricht nicht unseren modernen Kohärenzerwartungen und wir können den Umstand, dass Geschehnisse, Ereignisketten, Handlungen kausallogisch nur schwach verknüpft sind, bislang nur bedingt erklären. Ein möglicher Erklärungszusammenhang könnte mit der gesteigerten Bildhaftigkeit epischen Erzählens im Mittelalter gegeben sein, denn das epische Erzählen ist räumlich und hochgradig anschaulich: Es ist selbst ikonisch. Der Ansatz dieser Studie verknüpft insofern erzähltheoretische (Genette, Martínez/Scheffel, Stanzel) und bildwissenschaftliche (Bredekamp, Kemp, Schlie, Rimmele) Methodik und er stellt den literarischen Gegenstand, genauer gesagt das hart gefügte Erzählen im „Titurel“ Wolframs von Eschenbach, in den Horizont bildlogischer Muster, die wiederum im Rekurs auf zeitgenössische Bildtypen zu denken sind (Diagramm, Glasfenster, Flügelaltar, Klappbild).
Der Beitrag beschäftigt sich vor dem Hintergrund eines aktuell gestiegenen Interesses an den sogenannten bzw. in der vormodernen Literatur mit dem bisher kaum beachteten Schild des persischen Königs Arofel in Wolframs „Willehalm“. Dabei wird von den zentralen Erzählproblemen des Werks ausgegangen, die sich bereits anhand des Gebets an die Trinität im Prolog ableiten lassen und die spätere Lesart des Objekts diagrammatisch präfigurieren.
Hat die Forschung verschiedentlich Konrads Dichtungen eine maßgeblich auf Visualisierung hin ausgerichtete Erzählweise zuerkannt und zuletzt von einer „Poetik des “ (Jan-Dirk Müller) gesprochen, möchte vorliegender Beitrag eine solche Poetik für den „Trojanerkrieg“ über ein ikonisches Erzählen näher konkretisieren. Auf Grundlage einer bildwissenschaftlich-phänomenologischer Unterscheidung verschiedener Arten von Bildern kann aufgezeigt werden, wie Konrad für die Erzählungen von Achill und Deidamie sowie von Paris und Helena auf je spezifische Bildlogiken zurückgreift, um im Zuge ihrer Entfaltung Handlung zu motivieren und Bedeutung zu generieren.
Der Beitrag fokussiert die mediale Qualität ausgewählter deutschsprachiger Tristan-Dichtungen (Versepik, Prosaroman und Schauspiel) in ihrer Bedeutung für die Vergegenwärtigung des Erzählgegenstands sowie der Imagination narrativer Geschlossenheit. Zentral ist die Wechselwirkung von Klang und Bild, deren besondere Pointe in der Verbindung des Autorkonzepts mit der impliziten Stimmlichkeit der Tristan-Erzählung sowie der Emergenz einer Meister-Stimme liegt.
Auf der Basis von Meditationsanweisungen in der „Vita Christi“ Ludolfs von Sachsen, die ein imaginatives Miterleben der Geschehnisse des Christuslebens fordern, wird ausgelotet, ob die Wirkungsbezogenheit vormoderner Texte zur Christusmeditation mit Konzepten ,virtueller Realität‘ adäquat zu beschreiben ist. Dazu werden die wirkungsbezogenen Dimensionen des Virtualitätsbegriffs gegenüber den medientechnologischen in den Vordergrund gerückt. Im Rahmen der exemplarischen Untersuchung der „Vita Christi“ erfährt auch deren Bildhaftigkeit eine neue Perspektivierung.
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